Nachbarn: Neuss-Düsseldorfer Tauwetter

Beide Städte wollen noch enger zusammen arbeiten, das wurde am Dienstag bei einem Spitzentreffen vereinbart.

Düsseldorf. So nah - und doch so fern. Trotz aller Sonntagsreden war das Verhältnis der Nachbarn Neuss und Düsseldorf lange Zeit arg distanziert. Allein der Gedanke, die reiche Landeshauptstadt könne das kleinere, aber ebenfalls prosperierende Neuss eingemeinden wollen, sorgte dort für fast schon reflexartige Distanzierung.

Doch das ist längst kein Thema mehr, stattdessen wächst Vertrauen. Tauwetter zwischen Neuss und Düsseldorf. So auch am Dienstag: Die Beigeordneten beider Städte trafen sich im Düsseldorfer Rathaus zum Erfahrungsaustausch. Dabei wurden konkrete Schritte vereinbart - und ein langfristiger Zusammenschluss ins Auge gefasst.

Dabei sind es vor allem die kleinen Schritte, die Vertrauen bilden. Vereinbart wurde etwa, dass der Kommunale Ordnungsdienst Neuss bei Schulungen des Düsseldorfer OSD teilnimmt. Und die Neusser Friedhofsverwaltung würde gern eine Software testen, die bei den hiesigen Kollegen eingesetzt wird. Detailfragen, die unter dem Strich besseren Service und geringere Kosten bringen können.

Als Paradebeispiel dafür gilt die Zusammenarbeit bei den Neuss-Düsseldorfer Häfen, bei der Datenverarbeitung und der Behörden-Hotline 115. Dabei soll es nicht bleiben, nach dem Tauwetter soll jetzt der Frühling kommen: Beide Städte wollen den Kern einer neuen Metropolregion bilden. Dabei geht es um gemeinsame Planung (Bauflächen, Verkehrswege, Gewerbegebiete etc.), gemeinsames Marketing.

Diesmal soll es auch klappen, nachdem schon etliche ähnliche Vorstöße versandet sind. "So etwas kann man nicht mit dem Holzhammer machen", sagt Düsseldorfs OB Dirk Elbers, der seit Monaten beharrlich bei seinen Amtskollegen für einen Regio-Gipfel wirbt, um alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen.

Dabei ist allen klar, dass ein Schulterschluss von Neuss und Düsseldorf nur der Anfang sein kann. Für Udo Siepmann von der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf, der gerade mit der IHK Mittlerer Niederrhein zusammen Stärken, Schwächen und Potenziale einer "Metropolregion Rheinland" analysiert hat - die Ergebnisse werden Mittwoch vorgestellt -, kann eine Düsseldorf-Neusser-Kooperation "nur der Nukleus für eine große Metropolregion der ganzen Rheinschiene sein". Nötig sei "ein großer Wurf" - mit Köln und den beiden Kreisen Neuss und Mettmann. Schließlich müsse man sich mit Metropolen wie Berlin oder Hamburg messen.

Das schwebt auch Elbers vor: "Wir müssen uns erstmal hier formieren. In einigen Jahren wird das zu einer Metropolregion Rheinland führen", glaubt er. Mit seinem Neusser Amtskollegen und Duz-Freund Herbert Napp ist er sich einig. Auch mit Kölns OB Jürgen Roters hat sich Elbers mehrfach getroffen, "die Gesprächsebene ist gut". Ziel: ein Regio-Gipfel in der zweiten Jahreshälfte - mit Köln.

Vor allem auf Neusser Seite freilich gibt es immer noch erhebliche Vorbehalte gegen den "reichen Emporkömmling" Düsseldorf. Thomas Nickel ist Vize-Bürgermeister in Neuss und Chef des riesigen Bürgerschützenvereins, arbeitet aber in Düsseldorf: "Natürlich muss man alle Chancen zur Zusammenarbeit ausloten", sagt er höflich, fügt gleichwohl skeptisch hinzu: "Das Herz der Neusser schlägt nicht weit über den Rhein."

Auf Dauer freilich werden die Nachbarstädte um einen Zusammenschluss nicht herumkommen. Denn es geht auch um klingende Münze. "Es gibt eine Tendenz bei der EU, Fördermittel nicht mehr an die Länder, sondern einzelne Regionen zu vergeben", erklärt Florian Tholey von der Metropolregion Rhein-Neckar - eine von insgesamt elf Metropolregionen, die für Deutschland definiert worden sind.

Dort hat man bereits eine feste Struktur aufgebaut, mit einem politischen Plenum, einer GmbH, einem Förderverein - und insgesamt 70 Mitarbeitern. Für Herbert Napp ist das ein Vorbild. Er fordert: "Wenn es einen solchen Rahmen gibt, muss man ihn auch nutzen."

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