Düsseldorf Nach Unfall: Ampel-Schaltung bleibt

Nach dem tödlichen Rheinbahn-Unfall in Stockum flammt Debatte über Fahrtempo und warnendes Blinklicht neu auf.

Düsseldorf: Nach Unfall: Ampel-Schaltung bleibt
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Blumen, Kerzen, Kondolenzschreiben liegen am Montag neben dem Gleisbett an der Haltestelle Stockumer Kirchstraße. Und eine U 78 steuert die Station ganz langsam an. Am Donnerstagmorgen ist hier eine 22-jährige Frau tragisch ums Leben gekommen, als sie den Fußgängerüberweg über die Kaiserswerther Straße queren wollte, aber die vom Aquazoo heranfahrende U78 nicht bemerkte und von der Bahn überrollt wurde.

Die Unglücksumstände sind weiterhin nicht geklärt, teilte die Polizei am Montag auf Anfrage der WZ mit. Weder ist ermittelt, ob die Fußgängerampeln — wie so oft an der Stelle — Grün anzeigten, obwohl die Stadtbahn heranfuhr. Und ob das Opfer wirklich über einen Kopfhörer Musik gehört hat oder ansonsten mit dem Smartphone beschäftigt war, lässt sich wohl auch nicht mehr ermitteln. Wie berichtet, hatte die Polizei an der Unglücksstelle beide Gegenstände gefunden.

Meistens rauschen die Bahnen der U78 und U79 mit beträchtlichem Tempo in die lange Haltestelle hinein, bremsen dann erst die 60- (zwei Wagen) oder gar 90 Meter langen Züge (drei Wagen) voll ab. Das sei völlig vorschriftskonform, sagt Rheinbahnsprecher Georg Schumacher, deshalb gebe es auch nach dem Unfall keine neue Fahranweisung für die Fahrer. Die Rheinbahn sieht auch keinen Grund für eine grundlegende Änderung der Ampelschaltungen: „Es ist ja alles geregelt, auch an der Stockumer Kirchstraße“, sagt Sprecher Georg Schumacher. Er betont, dass für die Fußgänger eben nicht einfach Grün gelte, „allenfalls auf den Überwegen über die Autospuren, nicht aber beim Weg über die Gleise. Da gilt immer Vorfahrt für die Bahn — gelbes Blinklicht, rote Warnsignale auf dem Boden plus akustische Melder zeigen es deutlich an“, sagt Schumacher.

Das freilich sehen manche Bürger ganz anders. Zum Beispiel WZ-Leser Helmut Schrickel: „Es ist immer gefährlich, wenn eine Fußgängerampel Grün anzeigt, gleichzeitig aber ein tödliches Geschoss angedonnert kommt“, sagt er, und: Ich fühle mich als Vater sehr betroffen von diesem grausamen Unfall — und zornig, weil er nicht hätte passieren dürfen.“

Oft schon habe er an der Stockumer Kreuzung gefährliche Situationen erlebt, etwa wenn Max-Planck-Schüler sie in Pulks überquerten: „Ein Wunder, dass da noch so wenig passiert ist.“ Schrickel findet, dass die Bahnen dort viel zu schnell „angedonnert“ kämen, zudem fehlten Umlaufgitter, die für mehr Fußgänger-Sicherheit sorgen könnten. Die Rheinbahn glaubt das nicht: „Es ist ja auch die Messe-Ost-Haltestelle, da strömen morgens manchmal 500 Menschen aus einer Bahn, da können Sie kein Umlaufgitter machen“, sagt Schumacher.

Intensive Debatten gab es insbesondere nach tödlichen Unfällen in den Jahren 2001 und 2009 (jeweils auf der Kölner Landstraße) und Unglücken auf der Dorotheenstraße (S-Bahnhof Flingern) wo Schüler mit viel Glück „nur“ mit Verletzungen davon kamen, als sie von Bahnen angefahren wurden. Und so gilt immer noch: Obwohl Fußgängerampeln Grün anzeigen, können Bahnen über die Kreuzung rauschen. Gelbe Blinklichter sollen Fußgänger warnen, an vielen Stellen gibt es dazu akustische Warnsignale.

Warum man nicht die scheinbar naheliegendste Lösung — dass Fußgänger per se Rot haben, wenn eine Bahn kommt — umsetzt, erklärte die Stadt stets damit, dass Probephasen (etwa an der Kölner Landstraße) gezeigt hätten, dass viele Fußgänger wegen des langen Wartens dann einfach bei Rot losgelaufen seien. Auch Rheinbahnsprecher Schumacher hält nichts davon: „In Köln hat man dieses ,stehende Rot’ für die Fußgänger eingeführt und es haben sich gravierende Probleme ergeben, denn es ist so: Wenn man zweimal hintereinander lange stehenbleiben muss, dann wird das Rot für die Fußgänger entwertet — viele laufen dann einfach los.“

Derweil muss der Politiker von der Piraten-Partei, der den Fahrer der Unglücksbahn auf seiner Facebookseite als „Killer“ bezeichnet hatte (die WZ berichtete), nun mit Konsequenzen rechnen. Die Rheinbahn hat Anzeige wegen Beleidigung erstattet.

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