Mit der Google-Brille durch Düsseldorf

Wie alltagstauglich ist die Datenbrille und wie reagieren Passanten auf sie? WZ-Autor Janis Peitsch hat es getestet.

Nieh Yu Hsuan testet die Brille.

Nieh Yu Hsuan testet die Brille.

Foto: David Young

Düsseldorf. Wenn Google sein neues Produkt an den Mann bringen will, dann spart das Unternehmen nicht mit Superlativen. Zum Beispiel wenn es um die „Google-Glass“ geht — eine Brille mit der man surfen, navigieren und Fotos machen kann. Doch zu kaufen gibt es das Gerät noch nicht. Lediglich einige tausend Exemplare hat das Unternehmen bislang an ausgewählte Personen verteilt. Auch an das Technologieunternehmen 3M aus Neuss, das der WZ ein Exemplar zur Verfügung gestellt hat.

Als ich mich mit Jannik Werkmeister von 3M zum Stadtrundgang treffe, gibt es ein Problem. „Normalerweise braucht die Google-Glass zwei Minuten, um das Betriebssystem hochzufahren“, erklärt er mir. Normalerweise. Denn auch nach mehrmaliger Betätigung des Startknopfes reagiert die Brille nicht. Notgedrungen müssen wir den Rundgang verschieben. Später klappt es dann doch noch und die Brille ist bereit für den Test.

Zuerst möchte ich die Navigationsfunktion ausprobieren. Da sich die Brille per englischer Spracheingabe steuern lässt, befehle ich: „OK Glass, take me to Rathaus Düsseldorf.“ Und siehe da, es funktioniert. Mein Smartphone berechnet die Route und sendet die Informationen mittels Funkverbindung an das Gerät. Per Bildschirmanzeige und Sprachassistent werde ich so durch die Stadt dirigiert. Ohne ständig auf Stadtplan oder Handy zu blicken, eine recht praktische Möglichkeit, die Stadt zu erkunden.

Kurz vor dem Ziel halte ich, um ein Foto vom Bahnhof machen. „OK Glass, take a picture.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bevor ich meinen Weg fortsetze, befehle ich noch schnell, den Hauptbahnhof im Internet nachzuschlagen. Als Ergebnis bietet mir die Brille mehrere Webseiten an, die aber wegen des kleinen Bildschirms schwierig zu lesen sind. Auf dem Rückweg, fallen mir noch weitere Schwächen der Datenbrille auf. So ist die Spracheingabe nicht ausgereift.

Statt zurück zur Königsallee will mich Google lieber zu den Phoenix Inseln im pazifischen Ozean navigieren. Ein weiteres Problem ist die fehlende Multitasking-Fähigkeit. Parallel zum Navigationsvorgang ein Foto zu knipsen, ist unmöglich. Zudem ist der Akku bereits nach zwei Stunden erschöpft. So festigt sich bei mir der Eindruck: Trotz der gut gemeinten Funktionen ist die Brille technisch unausgereift.

Beim Rundgang durch die Innenstadt reichen die Reaktionen der Fußgänger von völliger Gleichgültigkeit bis hin zu neugierigen Blicken. Ängstlich oder besorgt reagiert aber niemand. Interessant ist: Viele der angesprochenen Passanten haben schon von der Brille gehört. Über ihren genauen Funktionsumfang wissen aber nur die wenigsten Bescheid. Mehrheitlich standen die Befragten der Datenbrille aufgeschlossen gegenüber. Viele würden sie gerne selbst einmal testen.

Lediglich die Kamera-Funktion empfinden einige als negativ. Auch Datenschützer sehen in der Möglichkeit, heimlich Foto- und Filmaufnahmen anzufertigen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Google hatte unlängst Verhaltenstipps für die Nutzung veröffentlicht. Grund dafür waren mehrere Berichte über gewaltsame Auseinandersetzungen, bei denen die Datenbrille die Ursache war.

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