Millionen-Betrug: Feilschen um eine milde Strafe

Gericht: Der Prozess um den Ex-Henkel-Sprecher begann mit einem Rechtsgespräch.

Düsseldorf. Fünf Minuten vor Prozessbeginn schlenderte er noch in Richtung Kantine - und wenn Kai von Bargen nervös war am Mittwochmorgen, dann wusste er es durch Lässigkeit zu kaschieren. Auf dem Weg zum Gerichtssaal stellte er sich den Kamera-Blitzlichtern, zeigte sich in Designer-Jeans, weißem Hemd zum Sakko und dunkler Krawatte.

Der ehemalige Henkel-Sprecher hat mit dem Medienrummel um ihn rechnen müssen, zumal er selbst als Chefredakteur eines lokalen Radiosenders mehrere Jahre auf der anderen Seite der Mikrophone stand. Nun aber sitzt der 43-Jährige auf der Anklagebank. Ihm und einem Komplizen (47) wirft die Staatsanwaltschaft Urkundenfälschung sowie bandenmäßigen und gewerbsmäßigen Betrug vor.

Die Männer sollen 45 Millionen Euro umfassende Forderungen gegen den Henkel-Konzern erfunden haben, entsprechende Belege gefälscht und die Forderungen verkauft haben. Finanz-Unternehmen aus Hamburg und Hürth bei Köln, die die Forderungen gekauft hatten, blieben auf einem Schaden von 15 Millionen Euro sitzten. Die Angeklagten hatten diverse Sportsponsoring-Verträge für Weltmeisterschaften oder "Jugend trainiert für Olympia" erfunden und die vermeintlich daraus resultierenden Forderungen verkauft. Dabei wurden die Beträge immer größer, erreichten schnell Millionenhöhe.

Mit neuen Deals wurden sodann alte beglichen und nebenbei Luxus-Limousinen und ein Leben in Saus und Braus finanziert. Obwohl Kai von Bargen bei Henkel fast 5000 Euro Netto im Monat verdiente, soll er sogar die Unterschrift des Henkel-Finanzvorstands gefälscht haben, um seine Einkünfte erheblich zu erhöhen.

Der zweite Angeklagte soll Kontakte zu potenziellen Forderungskäufern hergestellt haben. Der 47-Jährige dürfte dem Landgericht noch bekannt sein: 2003 wurde er wegen Betrugs in drei Fällen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Jetzt stehen wieder mehrjährige Haftstrafen im Raum.

Prozessbeobachter hatten sich auf eine lange Verhandlung eingestellt, wurden dann aber überrascht: Nachdem Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann die Anklage verlesen hatte, zogen sich die Verteidiger, das Gericht und die Staatsanwaltschaft zu einem Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen zurück. Da Kai von Bargen im Oktober 2009 "kalte Füße" bekommen hatte und auf Anraten seines Rechtsanwalts Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet hatte, könnte er mit einer vergleichsweise milden Strafe davon kommen. "Bevor er sich offenbarte, ahnten weder Staatsanwaltschaft noch Henkel etwas von dem Betrug. Er hat somit die Ermittlungen losgetreten", sagte Möllmann.

Der jüngst verstorbene Willy Luchs, der an dem Coup maßgeblich beteiligt gewesen sein soll, hatte seine Schuld gestanden. Luchs soll laut Staatsanwaltschaft auch der Drahtzieher der Betrügereien gewesen sein. Während von Bargen immerhin Teile der Anklage eingeräumt hatte, sei der dritte im Bunde nicht geständig. Er hat die Vorwürfe bestritten.

"Mit einem kurzen Prozess ist in diesem Fall nicht zu rechnen", sagte Verteidiger Norbert Gatzweiler am Mittwoch auf Anfrage der WZ. Das Rechtsgespräch wird am kommenden Montag im Vorfeld der nächsten Sitzung fortgesetzt, dann wird das Gericht im Oberlandesgericht an der Cecilien-Allee verhandeln. Der Grund: die nicht regulierbare Klimaanlage im Gerichtssaal - erneut war es im neuen Gericht am Oberbilker Markt zu warm.

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