Verschwundenes Kunstwerk Künstler vermisst sein Mikado-Kunstwerk

Düsseldorf · Die unglaubliche Geschichte um ein tonnenschweres Werk von Holger Nickisch, das plötzlich aus Lierenfeld verschwunden ist.

 Das Kunstwerk „Mikado“ an der Erkrather Straße, wie es der Künstler Holger Nickisch vor wenigen Jahren noch selbst fotografiert hat.

Das Kunstwerk „Mikado“ an der Erkrather Straße, wie es der Künstler Holger Nickisch vor wenigen Jahren noch selbst fotografiert hat.

Foto: Holger Nikisch

Mikado ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem der Spieler einen Stab nach dem anderen wegnehmen muss, ohne andere Stäbe zu bewegen. Nach diesem Prinzip entwickelte der Künstler Holger Nickisch ein kolossales Kunstwerk für die Erkrather Straße 389. Doch plötzlich war von den haushohen, tonnenschweren, bemalten Röhren nichts mehr zu sehen. Eine unendlich komische Geschichte ist dies. Die WZ ging ihr nach.

Die CDU will heute im Kulturausschuss wissen, wo das Kunstwerk geblieben ist. Im Sommer 2018 hatte Ratsherr Alexander Fils die kolossalen Rohre noch gesehen. Wir fragten den Künstler, der aus allen Wolken fiel, dann aber eine wunderbare Posse erzählte, aus der nicht nur die Autorin gelernt hat.

Niemand schaltete den Künstler bei der Produktion des Werks ein

Zunächst das Faktum: Die Kunstakademie veranstaltete in den frühen 1990er Jahren auf Anregung der Stadt einen Wettbewerb, um die Erinnerung an die Mannesmann-Röhrenwerke wachzuhalten, denn seit 1987 war die Produktion in Lierenfeld aufgegeben. Den Wettbewerb gewann Holger Nickisch als Student und Meisterschüler von Christian Megert. Seine zündende Idee waren Mikado-Stäbe aus Mannesmann-Röhren. Der Student konzipierte sie in jeweils 15 Meter Höhe, haushoch also. Für die Ringelfärbung sah er jene Farben vor, mit denen die Firma ihre unterschiedlichen Röhren bezeichnete.

Doch nun begannen die „mysteriösen Umstände“, von denen der Künstler erzählt: „Ich habe mich riesig gefreut, ein Preisgeld und ein Honorar zu bekommen. Das war wunderbar für einen jungen Studenten. Dann aber verschwand das Projekt in einer Schublade.“ Er habe jahrelang nichts gehört und bekam auf Fragen keine Antwort. Doch plötzlich standen die Stäbe da, zu denen er ja nur das Modell aus Pappe angefertigt hatte. Rückblickend sagt er: „Ich wurde weder über Bau noch Aufstellung informiert. Eigentlich dachte ich, das Projekt sei einen stillen Tod gestorben. Ich erfuhr von der Aufstellung durch meinen Freund Markus Ambach. Ich wurde gar nicht erst eingeladen.“

 Holger Nickisch im „Ritt“ auf einem Mikado-Stab.

Holger Nickisch im „Ritt“ auf einem Mikado-Stab.

Foto: Holger Nickisch

Die Firma Mannesmann trug die Farben eigenmächtig auf. Während Künstler andernorts bei Aufträgen im öffentlichen Raum vom Beginn bis zum Ende involviert sind, lief in Düsseldorf alles anders. Holger Nickisch sagt: „Das Kulturamt wollte mir noch nicht einmal die Reisekosten erstatten, denn ich wohnte inzwischen in Amsterdam. Ich bestand aber darauf.“ Als er das Geld endlich bekam, mietete er einen kleinen Lieferwagen, weil er am nächsten Tag in Bonn seine Bewerbung für ein DAAD-Stipendium ins berühmte Marfa abgeben musste, das er auch gewann.

Seine Familie kam aus dem Ruhrpott zur Einweihung der Skulptur angereist, denn sie wollte wissen, was aus ihrem Spross geworden ist. Sie kann kaum begeistert gewesen sein, denn sein Name war anfangs falsch geschrieben. Jetzt heißt es richtig auf einer Platte: „Das Werk des Düsseldorfer Künstlers Holger Nickisch entstand 1994 mit Unterstützung der Unternehmen Mannesmannröhren-Werke AG sowie DIBAG Industriebau AG, München.“ Das nächste Kuriosum: Die Namen der Geldgeber sind dick und fett gedruckt, der Name des Künstlers verschwindet fast.

Wir schickten Holger Nickisch die Fragen von Alexander Fils, und der inzwischen berühmte Ausstellungsmacher in Amsterdam konnte keinerlei Antwort geben. Er schreibt: „Ich weiß nur, dass ich nicht der Besitzer dieser Arbeit bin. Es gibt auch keine Verträge über Instandsetzungspflichten von wem auch immer.“ Die WZ solle ihn auf dem Laufenden halten. Das tat sie prompt. Die Skulptur gehört der Stadt und wird wieder aufgestellt, sobald der Neubau steht.

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