Michael Cramer: „Die Regiobahn kann Vorbild für viele sein“

Europapolitiker Michael Cramer (Grüne) besuchte Düsseldorf. Die WZ sprach mit ihm über den Wettbewerb auf der Schiene.

Michael Cramer: „Die Regiobahn kann Vorbild für viele sein“
Foto: privat

Düsseldorf. Der Verkehrspolitiker Michael Cramer (65) ist gebürtiger Westfale, der in Berlin lebt. Für die Grünen sitzt er seit 2004 im Europäischen Parlament, seit 2014 ist er dort Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Jetzt besuchte er Düsseldorf, Stationen waren u.a. die Stadtwerke und die Regiobahn (S28). Sein Slogan: „Ich bin seit 1979 ohne Auto mobil.“

Herr Cramer, Sie leben in Berlin und arbeiten in Brüssel. Was führt Sie jetzt nach Düsseldorf?

Michael Cramer: Wir diskutieren im Europäischen Parlament viel über Wettbewerb auf der Schiene. Klar ist, dass die Infrastruktur in öffentlicher Hand bleiben muss. Aber beim Betrieb ist es gut, wenn es Wettbewerber gibt. Das hat die Regiobahn Kaarst-Düsseldorf-Mettmann deutlich gezeigt: Sie hat die Fahrgastzahlen seit dem Start 1999 von einigen hundert auf gut 23 000 vervielfacht. Wäre es nach der Deutschen Bahn gegangen, wäre die Strecke stillgelegt worden, weil die DB sich offensichtlich weigerte, über Möglichkeiten zur Steigerung der Fahrgastzahlen nachzudenken. Das hat die Regiobahn mit neuen Bahnhöfen, Taktverdichtungen und der Ausweitung auch in die Nachtzeiten erfolgreich demonstriert. Deshalb wollte ich das Unternehmen jetzt besuchen und besser kennenlernen. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die in Europa noch viel zu wenig bekannt ist und Vorbild für viele sein kann.

Das Zusammenspiel von DB und privaten Bahnbetreibern ist längst nicht perfekt. So werden etwa aktuelle Fahrplaninfos der Regio- oder der Eurobahn immer noch nicht über die DB ausgespielt. Nicht im Netz, nicht an den Bahnhöfen.

Cramer: Das ist in der Tat ein Ärgernis. Die EU hat schon vor Jahren festgelegt, dass über eine gemeinsame Schnittstelle alle Informationen systemübergreifend und EU-weit zur Verfügung stehen müssen. Mit den Auslandstickets ist es dasselbe: Sie können zwar in Brüssel eine Fahrkarte nach Köln kaufen, aber nicht nach Ennepetal. Ein entsprechendes Gesetz ist da, wird aber leider nicht befolgt.

Wird sich das mal ändern?

Cramer: In Brüssel sind derzeit neue Vorgaben in der Debatte. Da geht es unter anderem um die Frage eines europaweiten Systems für Fahrplaninformationen und Tickets. Wir werden uns dafür einsetzen, dass all das endlich Realität wird.

Und was hatte Ihr Stadtwerke-Besuch damit zu tun?

Cramer: Energie und Verkehr müssen zusammen gedacht werden und da kommen besonders die Stadtwerke ins Spiel. Die Regiobahn-eigenen Strecken in Kaarst und Mettmann sollen in Zukunft elektrifiziert werden, den Strom dafür müsste die Regiobahn dann nicht unbedingt bei der „DB Energie“ kaufen. Außerdem hatte ich wiederholt vom innovativen Ansatz der Stadtwerke beim Thema E-Mobilität gehört. Mich freut, dass in Düsseldorf darunter nicht nur Elektroautos, sondern auch E-Bikes, Cargo-Bikes, Straßenbahnen und Car-Sharing verstanden wird. Und sogar Landstrom für Schiffe ist Teil des Konzepts, so dass die nach dem Anlegen ihre Motoren abschalten können. Das ist wichtig, denn rund ein Viertel des Feinstaubs in Düsseldorf geht auf Schiffe zurück — was angesichts der Gesundheitsrisiken erschreckend ist.

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