Der Verleger und Publizist erinnert sich an Kriegsende und Landesgründung Manfred Droste: „Nein, NRW war keine Zwangsheirat“

Verleger, Publizist, Zeitzeuge: Manfred Droste erinnert sich an Kriegsende, Landesgründung und Düsseldorfs Weg zur Landeshauptstadt.

Der Verleger und Publizist erinnert sich an Kriegsende und Landesgründung: Manfred Droste: „Nein, NRW war keine Zwangsheirat“
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Manfred Droste gehört zu der immer kleiner werdenden Zeitzeugen-Gruppe, die den Zweiten Weltkrieg und die erste Zeit des Wiederaufbaus danach bewusst erlebt hat. Und der 89-Jährige erinnert sich gut an diese ferne Vergangenheit. Natürlich steht die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen in seinem Gedächtnis nicht in der ersten Reihe, dazu verlief das „echte“ Leben 1946 viel zu dramatisch, überlagerten Hunger und die zerbombte Heimatstadt des Düsseldorfers den formal-politischen Akt der „Operation Marriage“ zwischen Rheinland und Westfalen. Dafür leuchtete Droste das Konstrukt NRW von Anfang an ein: „Für mich war das nie eine Zwangsheirat oder eine Kopfgeburt, sondern etwas ganz Natürliches“, sagt er. Bei einem jungen Mann, dessen Vater ein typischer Westfale und seine Mutter eine echte Rheinländerin (aus Krefeld) war, ist das nachvollziehbar.

Der Historiker Droste unterfüttert dieses Gefühl mit Geschichte: „Beides waren ja zuvor preußische Provinzen und es gab viel Verbindungen zwischen dem Rheinland und Westfalen.“ Wieder kommt seine Familie ins Spiel, Vater Heinrich volontierte als Journalist bei der Rheinisch-Westfälischen Zeitung in Essen, ab 1904 übrigens war er Redakteur beim Düsseldorfer General-Anzeiger, dem Vorläufer von „Düsseldorfer Nachrichten“ und der Westdeutschen Zeitung. Nicht so logisch sind freilich die Grenzziehungen der Alliierten nach dem Krieg. Zur alten Rheinprovinz zählten auch Koblenz und Trier, aber die französische Zone blieb von der britischen getrennt. Droste: „Es schmerzt schon, dass unser Rheinland deshalb ohne Weinland ist.“ Auch den Namen „Nordrhein“ findet er unglücklich, „das klingt wie ein militärisches Operationsgebiet, Rheinland wäre besser gewesen.“

Manfred Droste, Jahrgang 1927, war Flakhelfer, erlebte schwerste Luftangriffe in Friedrichshafen, wurde dann heimatnah nach Osterath versetzt, musste den „völlig unsinnigen“ (Droste) Reichsarbeitsdienst unter anderem in Flensburg leisten, wo er Blacky Fuchsberger kennenlernte, verbrachte ein halbes Jahr in amerikanischer Gefangenschaft in der Normandie. Ende September kehrte er per Bötchen auf dem Rhein nach Düsseldorf zurück, die Brücken waren zerstört. „Die Briten hatten das Haus meiner Eltern auf der Niederrheinstraße beschlagnahmt, wir wurden zunächst bei einer Familie auf der Hortensienstraße in Stockum einquartiert, dann mieteten meine Eltern ein Haus auf der Lilienstraße.“ Aber auch das beschlagnahmten die Engländer bald, die Familie zog ins Pressehaus am Martin-Luther-Platz, erst 1950 konnte sie zurück zur Niederrheinstraße. Manfred Droste erinnert sich noch gut an sein Gefühlsleben kurz nach dem Krieg: „Ich war nicht deprimiert, sondern froh und dankbar, das Inferno des Krieges mit seinen Millionen Toten überlebt zu haben.“ Er machte im „Sonderjahrgang“ Abitur, besuchte die Tanzschule, interessierte sich für Mädchen und scheute sich nicht, gelegentlich im Schwarzhandel einzukaufen. „Eine Ami-Zigarette kostete acht Reichsmark und reichte manchmal für eine Runde von fünf jungen Leuten.“

Zwischen den britischen Besatzern und den Deutschen verbesserte sich bald das Klima. Es entstanden freundschaftliche Beziehungen, so im Deutsch-Englischen Klub auf der Goltsteinstraße. Gerne erinnert er sich auch an die Truppenparade auf der Engländerwiese im Nordpark zum „Queen’s Birthday“. Und natürlich gefiel ihm auch, dass die Briten seine Heimat- zur Landeshauptstadt bestimmten. Wieder sah Droste darin nichts Überraschendes: „Das kam uns auch zu, denn Düsseldorf war als historische Residenzstadt für ein großes Territorium zur Hauptstadt prädestiniert, während das größere Köln immer eine Bürgerstadt darstellte, die viel mehr für sich lebte.“ Zudem gab es mit dem Ständehaus am Schwanenspiegel schon eine Art Regionalparlament, bestanden enge wirtschaftliche Bindungen ins Ruhrgebiet.

Der liberale Publizist und Verleger (derzeit ist Droste Mitherausgeber der Rheinischen Post) engagiert sich in der Folge dann immer wieder für seine Heimatstadt und mischt sich politisch ein. Stetig als zwischenzeitliches FDP-Mitglied im Stadtrat, und punktuell für Projekte, die ihn besonders umtreiben. Seit Ende der 50er-Jahre hat er sich zum Beispiel lange einem Wiederaufbau des Zoos in Düsseldorf verschrieben (er war Vorsitzender der Gesellschaft der Zoofreunde). Einen vollen Erfolg gab es nicht. Aber immerhin entstand der Aquazoo, entsprechend einem Vergleich im Zooprozess. Zuletzt hat er vehement für den Erhalt des Tausendfüßlers („Lott stonn“) gekämpft.

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