Tischtennis-WM Petrissa Solja: Die tierliebende Buchhalterin aus der Pfalz

Petrissa Solja ist Deutschlands beste Tischtennisspielerin. Bei der Heim-WM in Düsseldorf startet sie in drei Wettbewerben. An der Seite des Chinesen Fang Bo ist im Mixed die Goldmedaille das erklärte Ziel.

Petrissa Solja

Petrissa Solja

Foto: Britta Pedersen

Düsseldorf. Wäre Petrissa Solja keine Profi-Tischtennisspielerin geworden, so würde die 23-Jährige wahrscheinlich einem unspektakulären Bürojob nachgehen. „Dann hätte ich etwas im Wirtschaftssektor angefangen. Ich war auf einer kaufmännischen Schule, vielleicht wäre ich also Buchhalterin.“ Wer mit der 23-Jährigen vom TTC Eastside Berlin spricht, sieht sich einer eloquenten jungen Frau gegenüber, die vor einer Antwort auf eine Frage noch ein bisschen mehr nachdenkt, als viele andere Sportlerinnen.

„Ich hoffe aber, dass ich noch viele Jahre spielen werde und kann mir vorstellen, dass ich dann nach der Karriere tatsächlich einen Job haben werde, bei dem ich nicht mehr so viel reisen werde“, schiebt die Weltranglisten-20. nach. Eine Anstellung im Zoo vielleicht? Denn wenn Solja in Berlin ist, verbringt sie gerne Zeit im nahegelegenen Tierpark. „Dort habe ich eine Dauerkarte. Das ist meine Art, zwischendurch für mich zu sein und abschalten zu können.“

Petrissa Solja hat ein bewegtes Jahr hinter sich. Nach dem Gewinn der Silbermedaille mit der deutschen Damenmannschaft bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro im vergangenen Sommer ist viel passiert. „Kurze Zeit nach Rio war ich supermotiviert. Einige Wochen später habe ich es aber nicht mehr geschafft, mich aufzuraffen. Dann bin ich in dieses sprichwörtliche Loch gefallen. Das habe ich so noch nie gekannt. Ich hatte keinen Antrieb, obwohl es mir privat gut ging.“

Zudem begleitete eine unangenehme Verletzung an den Füßen die im 9000-Seelen-Ort Kandel geborene Profispielerin im Herbst über zwei Monate. „Nach Olympia hat es mit Dornwarzen am Fußballen angefangen. Los ging es eigentlich schon vor Rio. Danach ist es schlimmer geworden. Im November konnte ich praktisch nicht mehr laufen. Ich habe teilweise mit offener Sohle gespielt, mich mit Schmerztabletten durch die Matches gequält.“ Im Februar folgte ein Muskelfaserriss im Trizeps und zwei Monate Pause.

Wenige Tage vor dem Beginn der Tischtennis-Weltmeisterschaften in Düsseldorf fühlt sich Petrissa Solja wieder zu 100 Prozent fit. Körperlich und mental. „Nach Olympia kann mich nicht mehr so viel aus der Fassung bringen. Es überwiegt auch mehr die Vorfreude als der Druck. Wenn ich mit Freude spiele, spiegelt sich das in meiner Leistung wider“, sagt Deutschlands Nummer eins. In den Tagen von Düsseldorf könnte „Peti“, wie sie von vielen genannt wird, zu einem der Gesichter des Turniers werden. Neben dem Einzel- und Doppel-Wettbewerb an der Seite von Sabine Winter tritt Solja auch im Mixed an — mit dem Chinesen Fang Bo ist sie sogar an Position sieben gesetzt.

„Ich fühle mich mit den drei Wettbewerben besser“, erklärt sie auf die Mehrfachbelastung angesprochen. „So habe ich die Chance länger dabei zu sein. Eine Absage des Doppels war für mich keine Option.“ Die Chance auf einen Weltmeistertitel schätzt Petrissa Solja als „durchaus realistisch“ ein. Schließlich wollen die Chinesen bekanntlich nie nur relativ weit kommen. Und Fang Bo ist im Einzel nicht am Start. Der 25-Jährige ließ bereits ausrichten, dass seine Partnerin „ordentlich trainieren“ solle, denn für den Chinesen soll es am Ende in jedem Fall Gold geben. Dass die Kommunikation mit Fang Bo, der nur wenig englisch spricht, schwierig werden könnte, stört Solja nicht. Ihre Antwort an Fang Bo? „Ich hoffe, auch du trainierst ordentlich. Denn ich will ebenso Weltmeisterin werden.“

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