Interview „Frauen haben im Fußball mehr Sozialkompetenz“

Düsseldorf · Stefan Wiedon ist Sportpolitiker und ein erfahrener Fußballtrainer. Mit der Tusa hat er erstmals eine Frauenmannschaft übernommen – und ganz neue Erfahrungen gemacht.

 Stefan Wiedon (hinten rechts) und sein neues Team: Die Frauenfußball-Mannschaft der Tusa.

Stefan Wiedon (hinten rechts) und sein neues Team: Die Frauenfußball-Mannschaft der Tusa.

Foto: Tusa 06 Düsseldorf

Stefan Wiedon ist zurück auf dem Platz. Der 54 Jahre alte Fußballtrainer, der als CDU-Ratsherr in Unterbilk und Hamm bei der Kommunalwahl kandidiert, hat sich unter anderem beim BV 04 und DSC 99 einen Namen gemacht. Jetzt coacht er erstmals ein Damenteam, nämlich die erste Frauenmannschaft von Tusa 06 in der Niederrheinliga.

Herr Wiedon, vor allem die Grünen im Sportausschuss dürften gestaunt haben, als sie hörten, dass Sie jetzt Trainer einer Frauenmannschaft werden, oder?

Stefan Wiedon: Wahrscheinlich erleidet Herr Cardeneo, ihr Sprecher dort, einen Blutsturz. Aber ernsthaft, ich halte nicht viel davon, immer nur über Frauenfußball zu reden. Man muss auch mal machen. Deshalb bin ich bei Tusa eingestiegen.

Als besonderer Förderer des Frauen- und Mädchenfußballs haben Sie sich im Sportausschuss nicht hervorgetan, gab es einen Sinneswandel?

Wiedon: Ich war immer dagegen, gerade den Sport ideologisch zu überfrachten. Menschen haben unterschiedliche Präferenzen und das finde ich völlig in Ordnung. Wenn wir anfangen, auf Plätzen oder in Hallen zu zählen, welche Geschlechter Sport treiben und danach unsere Förderung ausrichten, entspricht das nicht meiner Vorstellung eines städtischen Fördersystems. Einen Sinneswandel gab es nicht. Ich liebe einfach das Spiel, egal ob es Männer oder Frauen betreiben.

Trainieren Sie die Frauen ganz genauso wie Männer und Jungen?

Wiedon: Wir waren am Montag im Grafenberger Wald, die Frauen waren hinterher genauso kaputt wie die Männer früher. Die Trainingsinhalte gerade im technisch-taktischen Bereich sind gleich. Größer sind die Unterschiede in der Führung und Ansprache. Da die Frauen eine höhere Sozialkompetenz als die Männer im Fußball besitzen, ist der Umgang schon anders, kooperativer.

Wo gibt es Unterschiede, wie haben Sie sich vorbereitet?

Wiedon: Ich bin ja auch hauptamtlich im Fußball tätig (beim Fußballverband Niederrhein, Anm. d. Red.) und dabei in all den Jahren auch vielen Frauen aus dem sportlichen oder ehrenamtlichen Bereich begegnet. Der Austausch war stets konstruktiv auf allen Ebenen. Aber natürlich ist es für mich sehr spannend, direkt mit den Frauen auf dem Platz zu arbeiten. Ich lerne da dazu, darum habe ich es gemacht.

Werden Sie in Ihren Ansagen als Trainer ruhiger, einfühlsamer? Oder ist das gar nicht nötig?

Wiedon: Beim ersten Spiel haben sie das Gegenteil von dem gemacht, was ich taktisch vorgegeben hatte. Da hätten die Männer eine ganz andere Ansage bekommen. Ich habe es in der Halbzeit und danach ruhig und sachlich erklärt. So soll die Linie sein, was nicht heißt, dass es nicht irgendwann auch mal lauter werden könnte. Man muss aber keine Klischees bedienen mit Begriffen wie einfühlsam oder gar liebevoll. Wir betreiben ambitionierten Frauenfußball.

Und ganz praktisch: Wie regeln Sie Ihre  Besuche in der Umkleidekabine?

Wiedon: Das ist eine der größten Umstellungen. Ich fand es als Trainer immer wichtig, auch mal in der Kabine zu sein. Das ist ein besonderer Ort, man bekommt ein Gefühl für die Stimmung. Nun beschränkt sich das auf die Ansprache vor dem Spiel und die Halbzeit, ansonsten ist die Kabine für mich Tabuzone. Daran muss ich mich gewöhnen.

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