Behindertensport: Steffis Siege sind besonders schön

Der Trainer muss bremsen, wenn’s am Anfang zu schnell ist.

Düsseldorf. Meist läuft Stefanie Bohn den Anderen davon. In ihrer Trainingsgruppe der Werkstatt für angepasste Arbeit ("wfaa") gehört die 25-Jährige zu den Schnellsten - sie absolviert den eigens für sie abgesteckten 1,1-Kilometer-Parcours im Südpark in etwas über fünf Minuten.

Und obwohl das in ihrer Vorbereitung etwas langsamer war als ihre Bestzeit aus dem Jahr 2007, hat sie beim Kö-Lauf den Wettbewerb für Menschen mit Behinderungen am Sonntag zum zweiten Mal für sich entscheiden können.

Es ist also alles gut gegangen - diesmal. Denn manchmal läuft Stefanie Bohn auch sich selbst davon. Wie im Vorjahr zum Beispiel, als sie die ersten 100 Meter viel zu schnell anging, von ihrem Betreuer nicht mehr eingefangen werden konnte, nach der Hälfte der Distanz mit heftigen Seitenstichen ausruhen musste und schließlich - nur - Platz 19 belegte. Dabei war sie in den beiden Jahren zuvor doch einmal als Dritte, einmal sogar als Erste ins Ziel gekommen.

"Wie viele Menschen mit einer geistigen Behinderung überschätzt Steffi beim Laufen ihre Fähigkeiten und startet mit zu hohem Tempo", sagt Ludger Heise, der die Läuferin seit 2004 betreut und trainiert. Das Problem daran: Stefanie Bohn kann zwischen dem hohen Tempo und den Seitenstichen keinen Zusammenhang herstellen - sie ist also auch am Sonntag wieder losgestürmt wie Usain Bolt. Heises Job ähnelte demzufolge eher dem eines Bremsers im Bob - im Training hört man ihn dann sanft, aber bestimmt rufen: "Stop! Jetzt wieder unser Tempo, Steffi!"

Und obwohl sie eine wirklich gute Läuferin ist, sind Zeiten, Platzierungen und Urkunden für die Düsseldorferin zweitrangig. Was wirklich zählt, ist das Gruppenerlebnis. "Ich habe mich schon lange auf den Kö-Lauf gefreut, weil ich da alte Freunde aus Schule oder der Ausbildung wiedersehe", sagt Stefanie Bohn, die für eine Laufgemeinschaft aus "wfaa", Lebenshilfe und zwei Wohnheimen für behinderte Menschen angetreten ist. "Außerdem ist es schön, dass viele Bekannte an der Strecke standen."

Ohnehin hat sich der Lauf für Menschen mit Behinderung zu einem eigenen Höhepunkt innerhalb der Veranstaltung entwickelt. Cheforganisator Jan Winschermann hat ihn jüngst sogar zu seinem Lieblings-Lauf erklärt: "Die Menschen mit Behinderung freuen sich unverfälscht. Meist ist ihnen die Zeit egal, sie erfreuen sich einfach an der Bewegung und über die Anerkennung."

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