Stadtsportbund „Als Sportstadt ist Düsseldorf ganz vorne dabei“

Peter Schwabe und Ulrich Wolter, Präsident und Geschäftsführer des Stadtsportbundes, sprechen auch über Probleme, wie die deutliche Überlastung des Ehrenamtes und die Flüchtlingsproblematik.

 Peter Schwabe ist Präsident des Stadtsportbundes Düsseldorf.

Peter Schwabe ist Präsident des Stadtsportbundes Düsseldorf.

Foto: Stefan Wildhirt

Düsseldorf. Peter Schwabe und Ulrich Wolter, Präsident und Geschäftsführer des Stadtsportbundes, sprechen auch über Probleme, wie die deutliche Überlastung des Ehrenamtes und die Flüchtlingsproblematik.

WZ: Herr Schwabe, Herr Wolter wie fällt Ihr Fazit zum Sportjahr 2015 aus?

Düsseldorfs Grand Départ in Zahlen
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Peter Schwabe: Der Düsseldorfer Sport konnte auch im vergangenen Jahr sensationellen Ergebnissen aufwarten. Die Zahl der großen Sportveranstaltungen ist zwar etwas rückläufig. Aber insgesamt haben wir den Schnitt zu den Jahren zuvor in etwa gehalten. Großartig sind die Ergebnisse zahlreicher Sportlerinnen und Sportler unserer Vereine. Das hätte man vor Jahren so nicht erwartet und dass wir das so erfolgreich in Düsseldorf aufbauen könnten. Das schreiben wir auch unserem System der Talentsichtung und -förderung zu, was ein ganz elementarer Punkt in der Sportförderung und Sportentwicklung der Stadt ist. Wir sind besonders stolz, dass wir unseren Beitrag dazu leisten konnten. Die Leichtathletik in Düsseldorf blüht wieder auf und verzeichnete tolle Ergebnisse. Und das gilt nicht nur für den ART. Auch die Entwicklung bei den Damen des Düsseldorfer Hockey Club, wo mindestens zwei Spielerinnen sehr gute Chancen haben, mit nach Rio zu fahren, ist überragend.

Aber es gibt weniger große Veranstaltungen, oder?

Schwabe: Wir hatten mal einen Höhepunkt mit einer Vielzahl von Veranstaltungen. Diese Entwicklung ist sicherlich rückläufig. Hier müssen wir natürlich mit neuem Ansporn nach vorne marschieren. Und wir als Stadtsportbund begrüßen das Highlight Tour de France 2017 — wenn es nicht zu Lasten des Sportetats geht. Das ist vor allem eine einmalige und großartige Marketing-Chance für die Stadt. Triathlon-EM, Tischtennis-WM und dann die Tour im Sportjahr 2017 - mehr kann man in medialer Sicht als Sportstadt kaum erreichen. Das ist schon großartig. Und dafür müssen die Planungen in diesem Jahr beginnen, um die Sportstadt weiter nach vorne zu bringen. Bei erfolgreicher Durchführung werden sich in der Folge weitere TOP-Veranstaltungen sicherlich akquirieren lassen.

Ulrich Wolter: Die Sportstadt wird in der Öffentlichkeit vorrangig am Profisport und an Events gemessen. Insbesondere bei den TOP-Events steht man weltweit in der Konkurrenz mit anderen Großstädten, und deshalb gibt es eben auch diese Wellenbewegung bei der Zahl der durchführbaren Veranstaltungen. Hierbei wird meist vergessen wird, dass wir in Zusammenarbeit mit dem Sportamt, Schulen und weiteren Partnern in den vergangenen zehn Jahren die nötige Grundlagenarbeit zum Beispiel im Bereich des Offenen Ganztages bei an den Düsseldorfer Schulen und im Rahmen des Düsseldorfer Modells der Talentförderung geleistet haben. Nur so konnten wir im Hinblick auf die Vereinsmitgliederzahlen insbesondere bei Kindern und Jugendlichen massive Zuwächse erreichen. Mehr als 25 Prozent der Düsseldorfer sind in einem Sportverein aktiv. Dies ist für eine Großstadt eine herausragender Wert und eine tolle Leistung unserer Vereine mit ihren tollen Ehrenamtlern. Im Nachwuchsbereich sind wir zuversichtlich, dass weitere herausragende Sportlerinnen und Sportler bis in die Spitze kommen werden.

Welche Chance sehen Sie für den Radsport in Düsseldorf?

Schwabe: Ich mache das an einem Beispiel fest. Bei der Sportabzeichenabnahme gibt es die große Schwierigkeit, eine adäquate Radstrecke zu finden. Da zeigt es sich, dass das Radnetz in Düsseldorf bei weitem nicht so ausgebaut ist, wie es die Bevölkerung heute erwartet. Wenn man dann zehn Radsportvereine und auch genügend Triathleten hat, muss man sich überlegen, ob man diese auf die Straße lassen darf. Das geht so nicht. Wir werden einen Boom im Radsport hier bekommen. Ich hoffe, dass das Thema dann rund um die Tour nach vorne gebracht wird. Wenn dann einige immer noch von der Doping-Tour sprechen, kann ich das so nicht akzeptieren. Es wird derzeit wohl nirgendwo so gut kontrolliert wie im Radsport.

Wolter: Wir haben bereits genügend Anfragen von Personen, die bei der Tour gerne in ehrenamtlicher Funktion, etwa als Streckenposten, mitwirken würden. Hotels und der gesamte Einzelhandel werden von dieser Veranstaltung sicherlich profitieren. Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wo wir denn die aus ganz Europa anreisenden radsportbegeisterten Jugendlichen kostengünstig unterbringen wollen. Die Kosten der gesamten Veranstaltung müssen natürlich über den Wirtschaftsetat gedeckt werden.

Und wenn der Stadtrat die Tour nicht finanzieren will?

Schwabe: Der Vertrag ist unterschrieben. OB Geisel lädt an diesem Donnerstag zu einem Empfang ein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Veranstaltung noch mal kippt. Die Auswirkungen eines Verzichts auf den Grand Depart 2017 möchte ich mir, insbesondere nach dem Hamburger Olympia-Aus noch nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorstellen.

Wie sieht es in diesem Jahr mit der sportlichen Entwicklung Düsseldorfs aus?

Schwabe: Da wir ja beim Stadtsportbund auch den Leistungssport übernommen haben, mit Meinolf Grundmann als Abteilungsleiter, haben wir große Hoffnung, außer den Hockey-Damen weitere Athleten mit zu den Olympischen Spielen schicken zu können. Aber das darf nicht das einzige Ziel sein. Die gesamte Entwicklung, über Rio hinaus und nicht nur im Leistungssport, muss langfristig ausgerichtet sein. Wir betrachten den gesamten Sport - also auch den Breitensport - und sind sicher, dass es bei den Vereinen keinen Stillstand geben wird.

Stimmt es, dass sich immer mehr Sportler/innen privat sportlich organisieren?

Schwabe: Das sehe ich nicht so, wie es zuletzt publiziert wurde. Wir haben hatten in 2015 erneut Zuwächse bei den Mitgliederzahlen. Wir schätzen, dass wir Ende des Jahres 155 000 Mitgliedschaften, die ordnungsgemäß beim Landessportbund vereinsmäßig organisiert sind, haben werden. Seit Jahren steigen die Mitgliederzahlen in den Altersgruppen der Kinder, Jugendlichen und Senioren überproportional an. Im Übrigen nehmen tausende nicht vereinsmäßig organisierter Sportlerinnen und Sportler an von den Düsseldorfer Vereinen organisierten Lauf- und Triathlonveranstaltungen teil. Die zuletzt zitierte Bevölkerungsumfrage zum Sport- und Bewegungsverhalten aus 2010 bedarf einer differenzierteren Darstellung.

Wolter: Düsseldorf ist eine absolut sportaktive Stadt. Der nicht organisierte und kommerzielle Sport war hier bei uns immer stark. Die tragende Säule ist aber immer noch die Arbeit in den Vereinen. Der organisierte Sport motiviert die Menschen auch im Freizeitverhalten und im Gesundheitsbewusstsein. Es gibt auch Kooperationsprojekte beispielsweise mit Fitnesscentern. Aber auch Konkurrenzangebote in Sachen Fitness durch die Vereine. Wir boomen noch im Kampfsportbereich, beim Turnen und bei koordinativen Angeboten.

Was läuft denn nicht so gut?

Schwabe: Ich warne davor, wenn man die positive Stadtentwicklung so hervorhebt, dann aber bei der Anlage von neuen Vierteln die Sportplätze vergisst. Das muss unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung unbedingt angepasst werden. Das gilt auch für die Infrastruktur bei den Sportplätzen. Simples Beispiel. Es gibt immer mehr Mädchenfußball-Mannschaften und auch Schiedsrichterinnen. Da muss Sorge getragen werden, dass es auch entsprechende Umkleidemöglichkeiten gibt. Solche Themen müssen angegangen werden. Wir brauchen unbedingt auch eine Entlastung des Ehrenamtes bei der mittlerweile ausufernden Administration, insbesondere in den Bereichen der Bauplanung und der Veranstaltungsgenehmigung. Der immer mehr zunehmende Papierkram sowie die komplizierten und kostentreibenden Genehmigungsprozesse sind eine Zumutung. Das kann das Ehrenamt allein nicht mehr bewältigen. Kooperationen von Vereinen müssen zudem vorangetrieben werden. Beim Wassersportzentrum auf dem Löricker Deich funktioniert dies bereits.

Wie sieht es mit Sportangeboten für Flüchtlinge aus?

Wolter: Unsere Vereine und wir helfen bereits. Wir reden nicht drüber, wir handeln. Was unsere Vereine da tun, ist absolut vorbildlich. Die Menschen werden in den Vereinen ohne Vorbehalte aufgenommen und mit Sportkleidung ausgestattet. Wir sind mit unserem Sportactionbus zudem an zwei Unterbringungsstandorten im Einsatz und zeigen den Menschen Wege auf, wie sie sportlich aktiv sein können, um zum Beispiel mit Sport Aggressionen und Frustrationen abbauen zu können. Zudem haben wir bereits einige Talente gefunden und in Vereine integriert. Es muss in diesem Zusammenhang aber auch darauf hingewiesen werden, dass die Ressourcen an Trainern, Ehrenamtlichen und nebenamtlichen Kräften knapp sind und. Der Düsseldorfer Sport braucht zur Aufrechterhaltung seines eigentlichen Sportbetriebes jedwede Helferin bzw. jedweden Helfer. Die personellen Ressourcen sind über Gebühr strapaziert. Umso erfreulicher ist es, dass unsere Sportvereine mit ihren ehrenamtlichen Kräften sich neuen gesellschaftlichen Herausforderungen wie der Flüchtlingshilfe stellen.

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