Integration Jede Flasche zählt: „Lokalliebe“ unterstützt Flüchtlingspatinnen

Düsseldorf · Flingern 75 Gastrobetriebe und ein Getränkelieferant finanzieren durch ihre Spende ein Projekt der Diakonie.

 Die Diakonie stellte am Dienstag im Stadtteilladen Flingern die Flüchtlingspatinnen, ihre Arbeit und deren Finanzierung vor.

Die Diakonie stellte am Dienstag im Stadtteilladen Flingern die Flüchtlingspatinnen, ihre Arbeit und deren Finanzierung vor.

Foto: Schaller,Bernd (bs)

Seit 2008 gibt es im Stadtteilladen Flingern der Diakonie das Projekt der „Stadtteilmütter“. Frauen, die Deutsch aber eben auch Türkisch, Arabisch, Kurdisch und viele Sprachen mehr sprechen, selbst vielleicht einen schwierigen Start in Düsseldorf hatten, unterstützen seitdem andere Familien. Inzwischen sind es 14; die Stadtteilmütter wurden umbenannt in „Flüchtlingspatinnen“. Sie kümmern sich um fast 50 Familien mit rund 200 Kindern, begleiten sie zu Behörden, Ärzten, Schulen – alles mit dem Ziel, dass die Mütter und Kinder bald selbständig in Düsseldorf leben können. Aktiv sind die Patinnen, insbesondere im Stadtteil Flingern, aber auch in Oberbilk und in der Innenstadt. Das Problem: Das Projekt der Diakonie wurde nur bis 2011 finanziert. Seitdem ist es auf Spenden angewiesen.

So läuft die Finanzierung Tina Dietrich ist Spendenbetreuerin der Diakonie. Über die Internet-Spendenplattform Betterplace bewarb sie sich erfolgreich mit dem Patinnen-Projekt bei der Aktion „Lokalliebe“. Dahinter steht Coca-Cola-European-Partners Deutschland, die Umweltinitiativen oder soziales Engagement in Stadtvierteln unterstützen will. Und hier kommt nun die hiesige Gastronomie ins Spiel: Sie kann sich bei der „Lokalliebe“ anmelden. Unter dem Motto „Jede Flasche zählt“ werden dann pro geöffneter Getränkeflasche ausgewählter Produkte (u.a. Biolimonaden) zwei Cent vom Coca-Cola-Projekt gespendet. 3000 Euro kamen so 2019 für das Patinnen-Projekt in Flingern zusammen.

Weitere Gastronomen können mitmachen 75 Düsseldorfer Gastronomen haben sich 2019 bei „Lokalliebe“ angemeldet. Bundesweit sind es 2757, mit 180 die meisten in Berlin, 178 in Köln und Düsseldorf belegt bei der Beteiligung Rang 5. Allein im Stadtteil Flingern machen 17 mit. Ganz neu dabei ist das „Café Barnets“ an der Hoffeldstraße, das im Dezember die Schwestern Amal und Ilham eröffnet haben. Die beiden ausgebildeten Pädagoginnen richten ihre Angebote an Familien mit kleinen Kindern. Als ihnen der Getränkelieferanten das Konzept „Lokalliebe“ vorstellte, waren sie sofort dabei: „Wir haben sowieso eine soziale Ader, spenden in diesem Monat 50 Cent pro verkaufter Monatsspeisen an das Kinderhospiz“, sagt Amal. So unterstützt sie aus Überzeugung die Arbeit der Flüchtlingspatinnen.

Das Projekt der Diakonie Sabine Roß koordiniert im Stadtteilladen Flingern die Arbeit der Flüchtlingspatinnen. Sie sagt: „Die 24 Frauen helfen ehrenamtlich, bekommen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 200 Euro monatlich; ähnlich der Übungsleiterpauschale in Vereinen.“ Dies wird über die Spenden finanziert. Roß tauscht sich regelmäßig mit den Patinnen aus, informiert über aktuelle Themen. Da die Patinnen selbst oft Probleme bei der Integration in Deutschland hatten, können sie Jahre später auf Augenhöhe helfen. Sabine Roß sagt: „Die Patinnen haben ein hohes fachliches Wissen. Und auf dieses greifen auch Ämter zurück, oder Schulen und andere Einrichtungen.“ Ihr großer Wunsch: „Wir wollen hier nicht die Ämter anklagen, wir wollen aber, dass unser Projekt endlich anerkannt und fest finanziert wird.“ Seit 2008 habe man 900 Familien erreicht.

Die Aufgabenfülle der Flüchtlingspatinnen Geburt, Anmeldung für den Kitaplatz, das – schon für Deutsche – nicht gerade einfache Ausfüllen eines Kindergeldantrages, bei all diesen Dingen helfen die Frauen den Familien. Senada Pobric (46) ist eine von ihnen. Sie sagt: „Ich bin rund um die Uhr für meine Familien erreichbar, muss ihr aber auch schon mal sagen, dass sie mich nicht um Mitternacht anrufen sollen, wenn es nicht gerade notwendig ist.“ Die alleinerziehende Pobric erlebte den Jugoslawien-Krieg und kam vor 18 Jahren nach Düsseldorf. „Der Anfang war sehr schlimm, ich habe erst nach und nach mein Leben hier in den Griff bekommen.“ Über eine Spielgruppe kam sie zur Diakonie, schon in der Schule ihres Sohnes half sie anderen Eltern bei der Kommunikation mit Lehrern, so wurde sie zur Helferin, die heute eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern unterstützt. Religion und Herkunft würden da keine Rolle spielen, aus ehemaligen Feinden im Heimatland würden in Düsseldorf Freunde, das haben viele Patinnen erfahren. So auch Yüksel Ylmaz. Sie kam vor 30 Jahren aus der Türkei, ihre Kinder haben hier studiert und sind berufstätig. Mit Leidenschaft hilft sie zurzeit fünf Familien, darunter einer mit einem schwerstbehinderten Kind. Und Patin Violeta Schmitz kam aus Mazedonien, ist Krankenschwester und Tagesmutter und unterstützt in ihrer knappen Freizeit noch andere Familien. Sie ist überzeugt: „Wir beschleunigen die Integrationsarbeit.“ Auch ein Grund, weshalb die Diakonie für die Anerkennung ihres Projektes und eine Festanstellung der Patinnen kämpft.

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