Leinwandfiguren tanzen Butoh

Medienkünstler Choy Ka Fai hat am Tanzhaus eine Hommage an Tatsumi Hijikata inszeniert.

Leinwandfiguren tanzen Butoh
Foto: K. Illner

Düsseldorf. Ein neues Genre wolle er schaffen, eine „paranormale Tanz-Erfahrung“, schreibt Medienkünstler Choy Ka Fai in einer E-Mail an den Geist des Butoh-Altmeisters Tatsumi Hijikata. Zuvor hatte er ihn in Vorbereitung seiner Performance „UnBearable Darkness“ am Tanzhaus NRW mit Hilfe einer Schamanin interviewt. Hijikata, Begründer des exzentrischen japanischen Ausdruckstanzes Butoh, der in den 80er Jahren verstorben ist, gab sein O.K. für Choy Ka Fais Projekt und versprach, ihm bei seinen „Forschungen“ zur Seite zu stehen.

Den Factory Artist am Tanzhaus NRW, Choy Ka Fai, hatte schon seit längerem das Butoh-Fieber gepackt. Doch dass die Begeisterung für diese Tanzform soweit gehen würde, dass der umtriebige Performance-Künstler die Grenzen der Realität überschreitend transzendente Hilfe in Anspruch nimmt, zeugt von einer — der Begriff sei hier erlaubt — handfesten Besessenheit.

Indes war das, was das am Ende der Vorstellung nur mäßig begeisterte Premieren-Publikum dann tatsächlich zu sehen bekam, weniger spirituell und lässt sich in Kürze kaum zusammenfassen. Mit Hilfe von Motion Capturing, bei dem die Bewegungen des Tänzers Neji Pijin durch Sensoren auf digital generierte Avatare auf Leinwand übertragen wurden, belebte Choy Ka Fai Tatsumi Hijikatas Tanzstil neu. Wollte so zu den Ursprüngen des Butoh vordringen. Ließ ihn als Figur in immer neuen — oft kryptisch selbstreferenziellen — Kontexten auferstehen. Bilder, in denen der Avatar von Szene zu Szene altert, umrahmt von Klang- und Animationsgewirr. Eingebettet in eine an schamanische Geisterbeschwörung erinnernde Performance durch Tomoko Inoue.

Doch bevor die Performance in technisch überladener Bedeutungsverschleierung unterging, durfte das Publikum dokumentarische Aufnahmen von den Recherchen zur Aufführung betrachten, auch das Interview mit dem Geist Hijikatas. Ob jener in den Nebelschwaden am Ende der Vorstellung oder auf dem für ihn bereitgestellten Platz im Publikum tatsächlich anwesend war, sei unserer Phantasie überlassen. Davon hat Choy Ka Fai offenbar mehr als genug.

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