Lockdown in Düsseldorf Lyrische Ader in der Krise wiederentdeckt

Düsseltal · Ulf Montanus aus Düsseltal ist Schauspieler und Politiker. Weil das Leben nahezu still steht, schreibt er.

 Ulf Montanus aus Düsseltal verfilmt seine Texte.

Ulf Montanus aus Düsseltal verfilmt seine Texte.

Foto: Ulf Montanus

Sicher zehn Versuche brauche ich pro Video, manchmal vergesse ich den Text, manchmal stimmt die Farbmelodie nicht. Und manchmal bin ich von mir selbst genervt und nehme dann die Aufnahme, die irgendwie am besten geraten ist. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie habe ich meine lyrische Ader wiederentdeckt, schreibe Gedichte, verfilme sie und stelle sie ins Netz.

Die Brentano-Gesellschaft hat inzwischen „Der Ameisenbär“, mein allererstes Gedicht, in ihre Frankfurter Bibliothek aufgenommen. Das ist die am weitesten verbreitete Lyrikanthologien und schon etwas Besonderes. Mit dem Schreiben habe ich schon vor 20 Jahren angefangen, mir fehlte aber immer die Zeit dafür. Und die paar Texte, die ich verfasste, landeten dann gleich in der Schublade. Ich bin Schauspieler, Moderator, Auktionator und FDP-Ratsherr. Jetzt während Corona steht fast alles still und ich wollte ein bisschen Werbung für mich ­machen.

Benefizauktionen finden nicht statt, bei den Moderationen sieht es sehr ähnlich aus, die Schauspielaufträge kommen sporadisch. Vor Kurzem hatte ich einen Dreh für einen Imagefilm eines Finanzunternehmens. Ich habe einen Kunden gespielt. Der Kameramann und der Regisseur hielten Abstand, trugen FFP2-Masken, die Szenen waren nicht sehr lang.

Ein ungewöhnliche Zeit für uns alle, in der ich mit meinen Gedichten für ein bisschen Abwechslung sorgen möchte. Im Schnitt dauert ein Video 30 Sekunden. Am Anfang habe ich alle zwei Tage ein Gedicht online gestellt, das wurde mir dann aber zu viel, ich habe schon einen gewissen Anspruch.

Jetzt kommt immer freitags ein neues Gedicht, kurzweilig und humorvoll, so wie von Heinz Erhardt oder Ringelnatz. Ideen kommen mir überall. Meistens ist es ein Satz, den ich dann so lange vor mir hersage, bis ich einen Block habe, um ihn aufzuschreiben. Drumherum spinne ich dann den Rest. Und wenn mir nachts etwas einfällt, dann stehe ich auf und notiere mir den Satz.

Damit Sie sich besser vorstellen können, was ich mache, hier eine Kostprobe: „Ein Ameisenbär, der tat sich schwer, er fand kaum eine Ameise mehr. Drum fragte er sich vor lauter Wut, was der Mensch mit der Natur so tut? Die Antwort bekam er von einem Jäger. Nun dient er als Bettvorleger!“ Nun ja, für den Ameisenbär läuft es in dem Gedicht nicht ganz so gut, aber manchmal muss man auch mal den Finger in die Wunde legen.

Auch wenn die Lyrik ein schöner Zeitvertreib ist, freue ich mich auf die Zeit nach Corona. Auf Treffen mit Freunden, auf den Restaurantbesuch und auf den Friseur. So langsam sehe ich aus wie ein Hippie.

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