Interview Liebesdrama zwischen Ost und West

Düsseldorf · Der Spielfilm „Zwischen uns die Mauer“ feiert NRW-Premiere im Bambi-Kino.

 Anna (Lea Freund) und Philipp (Tim Bülow) verlieben sich in Ost-Berlin auf den ersten Blick, doch die Mauer trennt beide. „Zwischen uns die Mauer“ basiert auf dem autobiografischen Roman von Katja Hildebrand.

Anna (Lea Freund) und Philipp (Tim Bülow) verlieben sich in Ost-Berlin auf den ersten Blick, doch die Mauer trennt beide. „Zwischen uns die Mauer“ basiert auf dem autobiografischen Roman von Katja Hildebrand.

Foto: Kevin Lee Film/Michael Trammer

In den 1980er Jahren reisten viele Schülergruppen nach Ostberlin. Auch Katja Hildebrand gehörte dazu. Sie freute sich auf die Kreuzberger Szene, Disco und den Kurfürstendamm. Den Besuch bei einer Kirchengruppe im Ostteil der Stadt nahm sie als notwendiges Übel in Kauf. Wie hätte sie auch ahnen können, dass sie genau dort ihren späteren Ehemann kennen lernen würde und ihre Lebensgeschichte erst zum Roman und dann zum Spielfilm „Zwischen uns die Mauer“ werden würde, der am Dienstag, 1. Oktober, im Bambi-Kino NRW-Premiere feiert.

Haben Sie Norbert Lechners Adaption Ihres Romans schon gesehen?

Katja Hildebrand: Ich habe ihn in Starnberg bei der Premiere gesehen.

Finden Sie sich und Ihre Geschichte darin wieder?

Hildebrand: Der Film erzählt unsere Geschichte komplett anders. Aber das wusste ich schon, bevor ich ihn gesehen habe und dass Norbert Lechner mein Buch lediglich als Inspiration genommen hat. Mir ist schon klar, dass ein Kinofilm spannend sein muss, damit er den Publikumsansprüchen auch genügt.

Welche Freiheiten hat sich Lechner denn genommen?

Hildebrand: Abgesehen von geänderten Namen bin ich auch schon 1984 nach Berlin gefahren. Was stimmt, ist, dass ich mit einer kirchlichen Jugendgruppe dort war und mich schwer in den Pfarrerssohn verliebt habe. Ich habe auch die Mauer als trennendes Element und die Grenzkontrollen zwischen uns so krass erlebt. Insofern ist der Film stimmig. Anders war allerdings die dramatische Zuspitzung. Es war nicht so, dass ich beim Schmuggeln erwischt worden wäre. Ich habe zwar geschmuggelt, hatte aber das Glück, nicht rausgefischt worden zu sein. Wir haben auch nicht Mitternacht verschlafen. Das wäre mir nie passiert, dazu hatte ich viel zu viel Angst vor den Wachsoldaten.

Demnach haben Sie auch keine Nacht im Arrest verbracht?

Hildebrand: Nein. Es hat auch niemand aus unserem Umfeld einen Fluchtversuch unternommen und ist dabei ums Leben gekommen. Das ist wirklich der Dramaturgie des Filmes geschuldet. Es war aber so, dass wir irgendwann resigniert haben, nachdem Markus, der im Film Philipp heißt, sein Abi gemacht hatte. Denn er durfte tatsächlich studieren, musste aber zuvor für mehrere Jahre zur NVA gehen. Das war für uns der Trennungsgrund, keine Inhaftierung.

Aber Sie blieben über all die Jahre über Briefe in Kontakt?

Hildebrand: Ja und wie die beiden im Film haben wir uns auch nach dem Mauerfall wiedergesehen und waren dann 20 Jahre miteinander verheiratet.

Wie haben Sie denn die DDR erlebt?

Hildebrand: Markus und ich haben oft über die Unterschiede gesprochen, ob es nun die Preisgestaltung in den Kaufhallen war oder im öffentlichen Nahverkehr. Wie man an einen Studienplatz kommt oder wie Schule funktioniert in der DDR. Das fand ich alles sehr spannend. Wir haben viel darüber diskutiert, was dort besser ist als im Westen und was schlechter.

Sie haben Ihre Geschichte irgendwann für Ihre Töchter aufgeschrieben und als Roman veröffentlicht. Nun gibt es den Film und Sie sind Lehrerin, unterrichten Geschichte. Was sagen denn Ihre Schüler dazu?

Hildebrand: Ich habe in meinem Buch versucht, einen differenzierten Blick auf die DDR zu werfen. Ich lebe ja auch seit zwei Jahrzehnten im Osten. An meinen Schülern ging die Veröffentlichung des Romans aber weitgehend vorbei. Auch weil wir für einige Zeit in England gewohnt haben. Aber für den Film interessieren sie sich schon und können es kaum erwarten, wenn er mal bei uns in Neuruppin läuft. Das ist schon spannend für sie. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Elf- oder Zwölfjährige gar nicht genau wissen, ob ihre Eltern aus dem Westen oder Osten kommen.

Wie war es denn für Ihren Mann und Sie nach dem Mauerfall, die Orte wieder zu sehen, an denen Sie sich kennen gelernt haben?

Hildebrand: Das war schon irgendwie verrückt. Ich habe ja auch jahrelang in Ostberlin gelebt und konnte sehen, wie sich alles verändert. Die Zeit war unglaublich spannend und anfangs war da auch dieses Triumphgefühl, dass die Mauer endlich weg war.

Wie nehmen Sie 30 Jahre Mauerfall wahr?

Hildebrand: Unglaublich, oder? Ich finde das Datum immer noch toll. Das war in meinem ganzen Leben die schönste Nachricht, die ich bekommen habe und die so viele Emotionen geweckt hat.

Das Liebesdrama „Zwischen uns die Mauer“ feiert am Dienstag, 1. Oktober, im Bambi-Kino NRW-Premiere. Regisseur Norbert Lechner wird anwesend sein. Beginn: 19 Uhr. Adresse: Klosterstr. 78. Restkarten an der Abendkasse. Offizieller Kinostart ist der 3. Oktober.

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