Musik Der Teen-Rocker von einst legt sein Alterswerk vor

Düsseldorf · „Das Pfefferminz-Experiment“: Marius Müller-Westernhagen hat sein Durchbruchsalbum neu eingespielt.

 Marius Müller-Westernhagen hat sein Album „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ neu eingespielt.

Marius Müller-Westernhagen hat sein Album „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ neu eingespielt.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Rund 40 Jahre nach seinem Durchbruch mit dem Album „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“, das sich über eine Million mal verkaufte, hat Marius Müller-Westernhagen die Platte neu aufgenommen. Akustisch, so wie es viele Künstler machen, im Country-Style, wie es sich nur wenige trauen würden. Wohl auch deshalb hat Westernhagen das Remake „Das Pfefferminz-Experiment“ genannt.

Der Opener ist seine Hymne über das Rockerleben als Teenager in Düsseldorf, an das sich ein etablierter Star zurückerinnert. „Mit 18“ hat Marius geschrieben, als er selbst Anfang Zwanzig war. Erfolgreich, keine Frage, aber noch nicht der Star, der er mal werden würde. Damals eine rotzige Rocknummer, heute die solide Country-Blues-Ballade eines Musikers, der ganze Stadien füllt und dem man jetzt den Text mehr abnimmt, als damals.

„Das Pfefferminz-Experiment“ hat sich der 70-Jährige selbst zum Geschenk gemacht. Zehn Songs, die seine Fans im Schlaf mitsingen können, noch einmal aufnehmen, mit den Erfahrungen, die das Leben so mit sich bringt. Westernhagen ist auch ein Geschichtenerzähler. Das wird deutlich in „Zieh dir bloß die Schuhe aus“, dem zweiten Stück des Albums, dessen Text durch die neu arrangierte Musik mehr in den Vordergrund rückt. In „Willi Wucher“ scheint die für den Düsseldorfer so typische Rockröhre durch, die er mal rotzig, mal in hohen Tönen auskostet, ganz so, wie man es von ihm kennt. Ein Eindruck, der sich dadurch noch verstärkt, wenn am Ende das Publikum nach der Live-Einspielung applaudiert.

Das Titelstück „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ macht der Vater einer Tochter zu einem Country-Song, wie man ihn auch im berühmten „Bluebird Café“ in Nashville hören könnte, klassisch mit Slide Guitar, im Tempo zurückgenommen, die Drums nur mit Besen gespielt.

Natürlich fehlt auch „Dicke“ nicht. Ein Song, der Marius viel Kritik eingebracht hat. Der Mann steht bis heute zu dem Text von 1978, musikalisch untermalt von spanisch angehauchten Gitarren. Das mag denen, die sich schon damals an der Aussage des Inhalts gestört haben, wie Hohn vorkommen. Andererseits, gehört „Dicke“ nun einmal auf die Platte. Westernhagen selbst sagte dazu in einem TV-Interview, er habe das Lied als Satire gemeint. Wollte das aussprechen, was hinter vorgehaltener Hand über Menschen mit mehr Körperfülle gesagt würde. Er nenne das den „Eulenspiegel-Effekt“, erklärt Westernhagen. Es gehört nun einmal zu meinungsstarken Künstlern, dass sie mit ihren Aussagen auch anecken.

Sein „Giselher“-Remake hat eine ähnliche Country-Attitüde, ist aber gesanglich eher nicht so gelungen. Zu viel Pathos in der bedeutungsschwangeren Stimme. Eine eher schwache Nummer, die man aber verschmerzen kann, wenn man das blueslastige „Grüß mir die Genossen“ im Anschluss hört.

Das letzte Stück des Albums ist „Johnny Walker“ gewidmet. Ein Trinklied schlechthin, das Marius zurückgenommen nur zur Gitarre anstimmt, mit tiefer angesetzter Stimmlage als für ihn typisch. Hier hat man den Sänger und Schauspieler vor Augen, wie er in einer kleinen Bar am Tresen hockt, das Glas Whisky vor sich und seinen Gedanken nachhängt. Ein wenig Country schwingt auch wieder mit.

Westernhagen ist mit „Das Pfefferminz-Experiment“ ein solides Alterswerk geglückt, das ihm sicher auch ein neues Publikum erschließen kann. Er zitiert sich nicht selbst, sondern schafft das kleine Kunststück, sich irgendwie neu zu erfinden, als Künstler und Sänger.

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