Wie junge Männer zu Mördern wurden
Das neue Werk Stefan Ruzowitzkys unterscheidet klar zwischen Verstehen und Verständnis. Thema sind die Täter des Dritten Reichs.
Düsseldorf. Monster. Man wünschte, es wären Monster. Menschen ohne Seele. Das Begreifen wäre so viel einfacher. Die Realität jedoch ist komplex. Und jene Deutsche, die während des Zweiten Weltkriegs als Mitglieder der Einsatzgruppen in Osteuropa systematisch zwei Millionen Juden erschossen, waren eben keine Monster. Es waren normale Männer. Warum sie diesen Völkermord dennoch begingen, bereitet Stefan Ruzowitzkys (52) neuer Film „Das radikal Böse“ (Kinostart am 16. Januar) beeindruckend auf. Und noch etwas zeigt der Film: So verlockend die Monster-Annahme auch sein mag, so katastrophal wäre es, ihr zu verfallen. Denn sie negiert die Verantwortung der Handelnden.
Ruzowitzkys Dokumentarfilm, der am Mittwoch NRW-Premiere im Cinema feierte, macht das Gegenteil: Er stellt heraus, dass es eben doch eine Alternative gab. „Die Existenz der wenigen, die nicht mitgemacht haben, zeigt, dass es kein Schicksal war, sondern eine individuelle, moralische Entscheidung“, sagt der Drehbuch-Autor und Regisseur im Gespräch mit der WZ.
Die meisten haben dennoch mitgemacht — allen Zweifeln zum Trotz. Den einen Grund dafür gibt es nicht. Es sind viele Mechanismen, die ineinander greifen — bis das Morden für die Täter zur Normalität wird. Hier beginnt der psychologische Ansatz Ruzowitzkys. Er zeigt, wie aus unschuldigen, jungen Männern hundertfache Mörder wurden.