Wenn die Theaterbühne zur Sauna wird

In „Aufguss“ ist René Heinersdorff zeitgleich Regisseur und Darsteller.

Wenn die Theaterbühne zur Sauna wird
Foto: Nicole Brühl

Düsseldorf. Wenn einer einen „Aufguss“ macht, da kann er was erleben. In manchen Sauna-Anlagen sogar sein blaues Wunder, in Gestalt von alten Bekannten — eingehüllt in dampfende Nebelschwaden.

Zumindest im gleichnamigen Stück von René Heinersdorff, das er jetzt aus der Taufe hob, wird ordentlich geschwitzt. Und es geht munter zur Sache, dabei nicht selten unterhalb der Gürtellinie.

Klar, spielt ja in der Sauna. Aber das stets mit Geschmack. Dafür sorgt schon Hauptdarsteller Hugo Egon Balder, der mit bald Mitte 60 auch bei derben Witzchen Contenance wahrt und nie in platte Peinlichkeiten abgleitet.

Er, das Urgestein der Privatfernsehen-Comedy, und seine Kollegen wurden nach der Premiere im ausverkauften Theater an der Kö stürmisch gefeiert.

Spitzig, witzig und launig — so ist nicht nur die Anlage der wohl ersten Sauna-Komödie, sondern auch die Atmosphäre im Wellness-Bereich eines Luxushotels. Trocken- und Dampf-Kabinen, Tauchbecken und plätschernder Mini-Brunnen (Bühne: Tom Grasshoff). Hierhin hat der Waschmittelmagnat Dieter Möller, alias H. E. Balder, seine noch aktuelle Lebensgefährtin Mary eingeladen.

Er ist in die Jahre gekommen: der Casanova aus dem Bilderbuch, der zahlreiche Beziehungen führt und Kinder aus einer früheren Ehe hat. Nun wünscht er, dass seine Mary spätes Mutterglück erfährt.

Doch will und kann er nicht selber, sondern heuert einen Samenspender an. Praktisch, wie Dieter ist: Der stramme Fitnesstrainer und Mathematikprofessor Alain (Jens Hajek) soll’s richten, am besten gleich vor Ort.

Doch andere Saunagäste in flauschigen Bademänteln durchkreuzen Dieters Pläne, zwar ungewollt, aber umso nachhaltiger. Der umtriebige, leicht schrullige Arzt Lothar (auf den Punkt gespielt von René Heinersdorff) benötigt für neue Geräte in seiner Kinderklinik dringend eine Finanzspritze.

Und pirscht sich im Entspannungsraum des Hotels an den reichen Dieter heran, der schon einmal als Sponsor auftrat. Doch Lothar, seine Assistentin Emelie, Alain, Dieter und Mary - alle reden von „Spenden“ und jeder meint etwas anderes.

Fast 50 Minuten lang gelingt das Verwechslungsspiel, in dem Pointen fliegen, Sprachwürste gedreht werden und die Figuren sich in bizarre Dialoge verknäueln und verdrehen. Urkomisch wirkt das, weil sich Damen und Herren aus anderen Konstellationen nur zu gut kennen.

Beachtlich ist, dass es Heinersdorff als Autor und Regisseur versteht, die Spannung trotz Länge zu halten und dabei gerne zu Kalauern, Slapsticks und Comedy-Sketchen greift. Das Publikum dankt es.

Erst nach der Pause lösen sich die zahlreichen Beziehungs-Fäden. Nicht mit einem Donnerschlag, sondern behutsam klären sich die Dinge. Überraschungen inklusive. Ob der Samenspender zum Zug kommt? Wer’s wissen will, sollte ein Ticket kaufen. Es lohnt sich.

Zumal exzellente Mimen einen eleganten Boulevard-Ton anschlagen — neben Balder, Hajek und Heinersdorff, auch die hübsche Jeanette Biedermann als coole clevere Assistentin Emelie und Madeleine Niesche als kernige, direktspielende Mary, die ihrem Freund Dieter keine Sekunde über den Weg traut.

Bewertung

Stück 3 von 5 Sterne

Regie/Bühnenbilde 4 von 5 Sterne

Schauspieler 5 von 5 Sterne

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