Verschleierung als Schutz

Ende Mai wird im Tanzhaus ein Stück aufgeführt, das die aktuelle Diskussion um die Burka aufgreift.

Düsseldorf. Als Frankreich am Dienstag eine Resolution zum Verbot der Vollverschleierung muslimischer Frauen auf den Weg brachte, löste das bei Helena Waldmann Unbehagen aus. Die Choreografin hat bereits den Iran und Afghanistan bereist und dabei die eigene Auffassung zum Tragen der Burka vor Ort in Gesprächen mit den Frauen entwickelt.

2008 kam die Einladung nach Afghanistan. Waldmann hatte damals "Return to sender" inszeniert und folgte einer Einladung des Goethe-Instituts zu einem Theaterfestival nach Kabul. Bei den Darstellerinnen sorgte die bevorstehende Reise für Unruhe. Sie fragten sich, wie die Zuschauer des streng muslimischen Landes wohl darauf reagieren würden, ein Stück zu sehen, das die Geschichte vom Leben im Exil erzählt und dessen Protagonistinnen Exil-Iranerinnen sind. "Eine der Frauen ist dann auch tatsächlich nicht mitgefahren. Ihre Eltern hatten es verboten", erzählt Helena Waldmann.

Helena Waldmann

Ende Mai kommt sie mit ihrem neuen Stück "Burkabondage" nach Düsseldorf. Bondage bezeichnet eine in Japan verbreitete Fesselkunst. Das Stück ist die Fortsetzung einer kreativen Auseinandersetzung mit den Themen Gefangenschaft, Fessel, Schutz und Freiheit. "Mir ist bei meinen Aufenthalten in Afghanistan und Iran einerseits und im hochentwickelten Japan andererseits aufgefallen, dass es in beiden Ländern viele Menschen gibt, die in gewisser Weise aus der Gesellschaft aussteigen."

Ausstieg, das bedeutet für Waldmann, dass die Lebensräume, die Schutzräume, eingeschränkt werden. "Ein solcher ist gerade die Burka", sagt sie. "Wenn man den Frauen verbietet, diese zu tragen, dann dürfen sie ihre Wohnung gar nicht mehr verlassen. Sie leben unter einem Kontrollsystem, das wir uns überhaupt nicht vorstellen können", sagt Waldmann. Die politische Dimension des Themas ist bei ihr von der ästhetischen nicht zu trennen. "Das Burkaverbot in Belgien nimmt den Frauen ihren Schutz."

Zweimal war Waldmann als Regisseurin in Afghanistan, mit einem anderen Stück ist sie durch den Iran getourt. Es handelte von Frauen, die ihr Leben in einem Zelt führen, weil sie ihre Bedürfnisse nie in der Öffentlichkeit, sondern nur im Rückzug aussprechen können. "Wir haben das Stück sogar einige Male in Teheran spielen dürfen, aber dann hat Ahmadinedschad es verboten."

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