Tonhalle will Hustenbonbons verteilen

Igor Levit musste beim Konzertabend mit etlichen Störgeräuschen der Zuhörer kämpfen.

Tonhalle will Hustenbonbons verteilen
Foto: Felix Broede

Düsseldorf. „Ich huste nicht, und wenn das Herz auch bricht“ hat Klavier-Altmeister Alfred Brendel einmal als sein Motto erklärt - in Anlehnung an Heines Gedicht „Ich grolle nicht“. Zu etwas Groll hatten aber Pianist Igor Levit und Konzertbesucher Anlass. Denn allerhand Huster und andere Störgeräusche, etwa durch Mobiltelefone, waren beim Beethoven-Abend am Dienstag im Mendelssohn-Saal deutlich zu vernehmen. Tonhallenchef Michael Becker postete noch in der Nacht genervt auf Facebook: „Was war eigentlich heute los?“ Einige Zuhörer hätten sich von der „hemdsärmeligen Seite“ gezeigt — mit Husten Niesen und Räuspern. Das sei nur „bedingt komisch“ gewesen.

Tonhalle will Hustenbonbons verteilen
Foto: Susanne Diesner

Anscheinend waren sich einige Besucher so gar nicht im Klaren über Lautstärke und Tragweite ihrer Geräusche. Taschentücher vor den Mündern sah man selten. Und selbst das Knistern von Bonbon-Papier nahm sich gegen gegen das Husten und Räuspern als verzeihliches Zirpen aus. Besonders ärgerlich sind solche akustischen Emissionen an zarten Stellen, an denen man die Ohren immer besonders weit aufsperrt. Igor Levit trug das Hustenkonzert unterdessen mit Fassung. Nur als noch ein Handy losging und sich gar eine Stimme per Freisprecheinrichtung zu vernehmen war, schüttelte er — noch über die Tasten gebeugt — kurz den Kopf.

„Husten gibt es immer mal. Das ist auch nichts Schlimmes“, sagt Tonhallen-Intendant Michael Becker ein. „Ärgerlich wird es, wenn sich der Eindruck aufdrängt, die Huster würden andere animieren.“ Manchmal komme es ihm vor als bemerkten die Menschen Ihr Bellen gar nicht. Das zeuge von einer eingeschränkten Selbstwahrnehmung. Dies sei bei 1600 Zuhörern auf vergleichsweise kleinem Raum keine ideale Voraussetzung.

Darauf das Publikum direkt auf das Thema anzusprechen wolle man verzichten, sagt derweil Julia Kirn, Sprecherin der Tonhalle. Man plane aber für das nächste Mal eine Verteilaktion von Hustenpastillen, um das Publikum dafür zu sensibilisieren.

Auch in der Oper und beim Ballett erlebt man hin und wieder derlei Geräuschkulissen. Intendant Christoph Meyer nimmt das gelassen: „Wir haben damit prinzipiell keine großen Sorgen — hängt natürlich auch immer von der Jahreszeit ab.“

„Ein dickes Taschentuch hilft“, rät HNO-Arzt Prof. Jürgen Lamprecht in seinem virtuellen Husten-Knigge „hustenkultur.de“. Vor den Mund gehalten wirke es schon immerhin deutlich dämpfend. Gründe zu husten gebe es viele, aber er komme darauf an, es so leise wie möglich zu tun.

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