Tonhalle: Ohren auf für "entartete Musik"

"Das verdächtige Saxophon" heißt die Konzertreihe, die parallel zur Ausstellung über Musik zwischen 1933 und 1945 läuft.

Düsseldorf. Es nudelt so munter vor sich hin, das Saxophon, säuselt sanft und kratzt mal frech am Ohr. Der unverwechselbare und zuweilen störrische Klang passte so gar nicht in die deutschtümelnde Ideologie der Nazis und wurde im "Dritten Reich" auch sogleich verunglimpft. "Das verdächtige Saxophon" heißt eine dreiteilige Konzertreihe, die begleitend zur Ausstellung "Entartete Musik im NS-Staat" im Foyer der Tonhalle zu erleben ist. Bereits 1988 gab es unter Peter Girth in der Tonhalle eine solche Ausstellung, die international Beachtung fand.

Beim Auftaktkonzert am vergangenen Freitag kommt mancherlei zu Gehör, was den Reichsoberen als "undeutsch" erschien. Und dazu gehörte nicht nur das Saxophon, sondern alles, was einer von Exotischem unbeeinflussten und auch schlichten Gemütern verständlichen Musikrichtung widersprach.

Es genügte, jüdisch zu sein, und schon landete man auf der Abschussliste, wie etwa der Schlager- und Filmmusikkomponist Friedrich Hollaender. Sein zum Evergreen gewordener Song "Jonny, wenn du Geburtstag hast" stimmt die Besucher nun ein. Man hört die berühmte Aufnahme mit Marlene Dietrich vom Band. Der "Jonny" wird zum Leitmotiv der Ausstellung und der Konzertreihe. Die Karikatur des schwarzen Saxophonspielers war bei der originalen, vom damaligen Staatsrat Hans Severus Ziegler initiierten Propaganda-Ausstellung "Entartete Musik" die Schmäh-Figur schlechthin.

Informativ, aufschlussreich und durchaus unterhaltend führen Tonhallen-Dramaturgin Elisabeth von Leliwa und der Musikwissenschaftler Albrecht Dümling durch das Konzertprogramm. Man geht dabei über Pauschales hinaus und macht deutlich, dass es hinter den Kulissen der Ausstellung so viel Rumor und Widerstand gegeben habe, dass sie noch vor dem Schluss der Reichsmusiktage geschlossen werden musste.

Das Konzert macht auch durch die musikalischen Leistungen große Freude. Mit sehr viel Verve und Pointierung spielen Detlef Bensmann (Saxophon) und Michael Rische (Klavier) die 1930 entstandene Hot-Sonate von Erwin Schulhoff. Die Pianistin Kira Ratner bringt viel Klang- und Rhythmusgefühl mit für Ernst Kreneks Potpourri mit dem Titel "Jonny spielt auf". Und Alexandra von der Weth (Sopran) findet zu einer expressiven Darbietung dreier im Konzentrationslager komponierter Lieder Viktor Ullmanns.

Die musikalische Reihe zur Ausstellung wird am 13. Februar mit einem Orchesterkonzert fortgesetzt. Den Abschluss bildet dann am 8. März, kurz vor Ausstellungsende, der Auftritt des Notabu-Ensembles unter der Leitung von Marc-Andreas Schlingensiepen.

"Das verdächtige Saxophon", im Foyer der Tonhalle am Ehrenhof, bis 10. März. Karten für die Konzerte gibt es unter Tel. 0211/8 996123.

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