Theater-Premiere: Brachiales Beziehungsdrama

In „Offene Zweierbeziehung“ stößt ein Paar an seine Grenzen.

Düsseldorf. Sie schimpft, klagt und droht mit Selbstmord. Aber es nützt alles nichts: Antonias Mann geht fremd, konsequent und mit immer jüngeren Mädchen. Dass sie sich im Badezimmer einsperrt und einen Pillencocktail schluckt, bringt ihn nicht etwa zur Einsicht, sondern in Rage. Andere Frauen seien da aufgeschlossener, zischt er sie an, und drohten nicht ständig mit Selbstmordversuchen. Schließlich sei eine offene Beziehung zeitgemäß.

Aber funktioniert sie wirklich auch, wenn beide Partner sich ihre Freiheiten nehmen? Der Ehemann verliert jedenfalls schnell seine Fassung, als Antonia von ihrem wunderbaren Liebhaber erzählt.

25 Jahre alt ist das Theaterstück von Dario Fo und Franca Rame, dem Theaterpaar aus Italien, das selbst schon Goldene Hochzeit feiern konnte. Da die Situation in den 80er-Jahren aber etwas anders aussah als heute, hat das Team dieser Aufführung, die im Sommer schon in Freiburg Premiere feierte, in Handlung und Dialoge eingegriffen.

Regisseur Tim Lucas hatte wohl eine der wohlmeinenden Psycho-Talkshows im Kopf, als er Claudia Hübbecker und Miguel Abrantes Ostrowski mit schlecht sitzenden blonden Perücken vor den Vorhang treten und penetranten Optimismus verströmen ließ. Nach dem Absingen von "Froh zu sein, bedarf es wenig" sitzen die beiden in einem tristen Raum für Gruppentherapien einsam im Stuhlkreis und berichten dem Publikum von ihren Problemen.

Da geht es zur Sache und wird auch richtig spannend. Claudia Hübbecker überzeugt als wütend frustrierte Frau, die nicht einsehen will, dass ihr Mann nur noch außerhalb der Ehe sexuell aktiv ist. Dann wandelt sie sich zum glücklich triumphierenden Weibchen, das nun ihrerseits einen Supermann um den Finger gewickelt hat.

Miguel Abrantes Ostrowski sieht da plötzlich ganz alt aus. Eben hat er sich noch verlegen und stolz zugleich in seinem Sessel gefläzt, ein Macho, der halt nicht anders kann, aber seine Frau doch so achtet und liebt - fast wie seine Mutter.

Unbestritten stecken einige (italienische) Klischees des vorigen Jahrhunderts in dem Text, der aber im Kern noch zu berühren vermag. Weniger überzeugt hingegen die manchmal etwas brachiale Auffrischung, die zum Ende hin mit grotesken Entwicklungen überrascht. Als Theaterabend ist diese "Offene Zweierbeziehung" jedoch durchaus sehenswert.

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