Tanzhaus: Differenzen werden im Tanz sichtbar

Beim Festival Impulse traten Jérome Bel und Pichet Klunchun in einen interkulturellen Dialog.

Düsseldorf. "Wann genau waren Sie jetzt der Mann, die Frau, der Dämon und der Affe?" Das muss Jérôme Bel nachfragen, weil er die Übergänge zwischen den Rollen - wie wahrscheinlich auch ein Großteil des Publikums - nicht mitbekommen hat. Der thailändische Tänzer Pichet Klunchun zeigt noch einmal die Sequenz, in der er fließend die Rollen wechselt und weist auf minimale Änderungen in Gestik oder Bewegung hin. Aha. Jetzt hat Bel verstanden und das Publikum auch. Das Festival Impulse brachte jetzt Bels Performance "Pichet Klunchun and myself" auf die Bühne des Tanzhauses NRW, im wesentlichen ein Gespräch zwischen dem bekannten französischen Choreografen und dem Thailänder. Bel war im September 2004 von einem Festival in Bangkok eingeladen worden, mit Klunchun zusammenzuarbeiten. Die Umstände vor Ort erlaubten offenbar keine regelmäßige Probenarbeit, und Bel entschloss sich, sozusagen die Vorstufe zum Ereignis als Theaterperformance zu präsentieren. Man traf sich, um einander kennenzulernen, diese Gesprächssituation wiederholen die beiden Performer auf der Bühne.

Die kulturellen Unterschiede werden sichtbar - und nicht überbrückt

Sie sitzen sich auf zwei Stühlen gegenüber. Zunächst stellt Bel die Fragen oder bittet Klunchun, ihm den klassischen thailändischen Khon-Tanz anhand von Beispielen zu erklären, dann dreht sich das Spiel um, und Bel beantwortet Fragen. Eindreiviertel Stunden dauert das - und man langweilt sich keine Sekunde. Die kulturellen Differenzen zwischen den beiden Männern werden sichtbar - und nicht überbrückt. Man lernt, dass Kunchun niemals auf der Bühne einen Theatertod sterben würde, weil das auch im Leben Unglück bringe, während Bel demonstriert, wie er minutenlang zu "Killing Me Softly" wie tot daliegt. Man lernt, dass im thailändischen Tanz jede noch so kleine Bewegung etwas bedeutet, während Bel mit seinen Performances vor allem Erwartungshaltungen der Zuschauer durchbrechen will.

Man wird - alles in allem - bereichert durch die Begegnung zweier Menschen, die sich fremd bleiben, aber voller Respekt für- und Neugier aufeinander durchdrungen sind. Das Fremde kann ja so spannend sein. Viel Applaus.

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