Studentinnen machen Galeristenjob

Fünf junge Frauen haben ein Kuratoren-Kollektiv gegründet: die Experimentierzelle. Eine Initiative aus dem Akademie-Dunstkreis.

Düsseldorf. Hanna Lina Meiners hat es sich trotz allen jugendlichen Optimismus schon während ihres Studiums abgeschminkt, dass sie mit Kunst ihren Lebensunterhalt bestreiten könnte. Dabei hat sie einiges vorzuweisen: Studium in der Bildhauer-Klasse von Martin Gostner, Abschluss an der Kunstakademie. Trotzdem verdient sie ihr Geld mit Kunsttherapeutie statt mit Kunstschaffen und setzt langfristig auf eine weitere Geldquelle, das Kuratieren von Ausstellungen.

2009 gründete die 33-Jährige mit vier Kommilitoninnen die Experimentierzelle, kurz „Expeze“, die es sich zum Ziel setzt, als „nichtkommerzielles Projekt“ Ausstellungen junger Künstler aus und mit Bezug zu Düsseldorf zu realisieren.

Bis zu 15 Prozent der Akademiestudenten versuchen sich schon während ihres Studiums als Kuratoren, schätzt Expeze-Mitglied Angelika Trojnarski. Der Kunstmanager ist das neue zweite Standbein, das Kunststudenten in ihrer Vita zunehmend stärken, denn die Galeristen stehen nicht gerade Schlange bei dem Nachwuchs von Gursky und Co.

Als Kurator zu arbeiten heißt: das Geschäft mit der Kunst von der Pike auf lernen. „Man schärft seinen Blick für das Beurteilen von Kunst“, sagt Meiners. Kennt die Argumente, um eine Ausstellung durchzusetzen, einen Künstler zu positionieren. Und: „Die Düsseldorfer Szene rückt auf diese Weise zusammen.“

Die fünf Frauen, von denen zwei noch studieren, haben sich bei ihrer Künstlersuche auf die Landeshauptstadt und die nahe Umgebung spezialisiert. Die erste Ausstellung „Beispielswiese“ fand im November 2009 in der Kirchstraße in Oberbilk sogar noch mit eigenen Werken der Expeze-Mitglieder statt und denjenigen befreundeter Künstler statt.

Aus dem Akademie-Dunstkreis rücken die Frauen jedoch langsam aber sicher heraus. Die jüngste Ausstellung „Construction Site“ an der Ronsdorfer Straße 77 zeigte zuletzt Arbeiten von Künstlern aus Münster, Braunschweig und Düsseldorf.

Die Ronsdorfer Straße 77 ist für die Frauen ein Glücksfall. Dort ist viel Platz für die Kunst und bietet sich mit weiteren Ausstellungsräumen und Ateliers ein ideales Umfeld. Einen solchen Treffer würde sich das Kollektiv häufiger wünschen, denn das größte Problem bei ihrer Arbeit ist die Raumsuche. „Zwar gibt es theoretisch genug Möglichkeiten“, sagt Klara Paterok. „Aber wir haben keinen Zugriff darauf.“

Oft erwarte der Vermieter, dass die Frauen ihre Künstler beim Aufbau beaufsichtigen, was viel Zeit kostet. Oder aber der Raum ist so heruntergekommen, dass zunächst renoviert werden muss. Das muss aber überschau- und vor allem bezahlbar sein. Für die Ausstellungen selbst gibt es meist etwas Geld vom Kulturamt oder von kunstinteressierten Spendern, was jedoch äußerst selten vorkommt. Die Miete der Räume zahlen Hanna Meiners und die anderen aus eigener Tasche.

Bei diesem Arbeitspensum wird die Luft für das eigene Kunstschaffen dünn. Das bekam Klara Paterok deutlich zu spüren. „Ich kann nicht auf Kommando kreativ sein. Wenn ich weiß, ich habe jetzt genau zwei Monate zwischen zwei Ausstellungen und mir muss in dieser Zeit etwas einfallen, wird es schwierig.“ Dennoch will sie weder das Kuratieren noch das künstlerische Arbeiten aufgeben. Es ist eben wie Hanna Meiners sagt: „Als Künstler in der Bredouille, als Kurator muss man überall mitmischen.“

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