Kultur Spielen gegen den Grabgeruch des Theaters

Der Kölner Intendant Stefan Bachmann eröffnet auf der ewigen Baustelle seines Schauspielhauses eine „Außenspielstätte“. Darauf hofft auch sein Kollege in Düsseldorf.

Kultur: Spielen gegen den Grabgeruch des Theaters
Foto: David Baltzer

Köln/Düsseldorf. In Sachen Theater machen Köln und Düsseldorf gemeinsame Sache. Seit dieser Spielzeit tauschen die Intendanten Stefan Bachmann und Wilfried Schulz Inszenierungen aus. Dass die beiden mit den nicht enden wollenden Sanierungsskandalen und den in unbekannte Ferne verschobenen Neueröffnungen ihrer Schauspielhäuser das gleiche Schicksal teilen, darauf könnten sie sicher gut verzichten. Auf beiden Seiten des Rheins trotzen die Theaterchefs also den Umständen und fordern ihre Stadtverwaltungen gehörig heraus.

Originell gelungen ist das Bachmann in dieser Saison: Er hat am Offenbachplatz, wo er den seit 2012 geschlossenen Bau längst hatte einweihen wollen, eine sogenannte „Außenspielstätte“ eröffnet. Bis kurz vor der Premiere der Komödie „Karnickel“ standen letzte Genehmigungen aus. Ein Spiel mit den Nerven. Alles ist mehr Provisorium als funktionierende Bühne, irgendwann soll diese Zwischenlösung das Kleine Haus sein. Für Bachmann ist die „Außenspielstätte“ ein wichtiges Zeichen: Er wolle „den Grabgeruch der Baustelle“ vertreiben, sagt er. Recht hat er. Beim Besuch der einst so vertrauten Umgebung bemerkt man, wie fremd einem dieser Ort geworden ist.

In Düsseldorf will Schulz unbedingt verhindern, dass die Stadt ihr Theater am Gründgens-Platz vergisst. Er hat den „Sandmann“ von Regie-Star Robert Wilson für Mai 2017 in dem eigentlich geschlossenen Haus angekündigt und damit auch überregional Interesse geweckt. Um auf der Baustelle spielen zu können, braucht der Intendant jede Menge Sondergenehmigungen. Wie weit die Arbeiten bis dahin fortgeschritten sein werden, kann zurzeit niemand absehen. „Der Termin steht“, wiederholt Schulz dennoch gebetsmühlenartig. Im Gespräch spürt man dem 64-Jährigen an, wie viel für ihn davon abhängt, ob dieses Projekt realisiert wird.

Seine Entschlossenheit erscheint kühn, schließlich hat Schulz gerade erst erfahren müssen, dass innerhalb einer Woche in Düsseldorf sogar Abriss oder Neunutzung des Theaters diskutiert wurden. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet und im Stadtrat hat sich eine Mehrheit formiert, denen das traditionsreiche Haus viel wert ist.

Bachmann und Schulz sind keine Provokateure. Beide versuchen, Brücken zu schlagen und Lösungen für immer neue Situationen zu finden. Davon zeugt der kluge erste Spielplan für Düsseldorf und der Coup mit der spektakulären Eröffnung in einem Zirkuszelt auf der Kö. Schulz ist mit sehenswertem Theater in seine erste Saison gestartet, für eine künstlerische Bilanz ist es noch zu früh.

In Köln fällt sie für Bachmann überwiegend gut aus. Im Gegensatz zu Schulz inszeniert der Intendant selbst und beweist aktuell mit „Hamlet“ seine Klasse als Regisseur. Sehr formal, ganz ohne Requisiten stellt er großartige Schauspieler auf eine Drehbühne aus Brettern und lässt sie Shakespeares Spiel im Spiel zelebrieren. Mit ihren Körpern und ihrer Sprache führen sie vor, wie stark Theater ist — um zu erkennen, was wahr ist.

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