Schubert-Konzert fehlt das Mysterium

Rasanter Dirigent Mario Venzago bringt nur etwas frischen Wind ins Geschehen.

Düsseldorf. Es gibt Werke, die gewinnen, wenn sie flott gespielt werden, beispielsweise Mendelssohns „Italienische“ oder Sousas „Stars and Stripes Forever“. Die ersten beiden Sätze von Franz Schuberts später C-Dur-Symphonie, apostrophiert als „Die Große“, gehören eher nicht dazu. Dort erwächst ein großer musikalischer Zusammenhalt aus einer gewissen Ruhe, einem „Andante“ (gehend), wie Schubert über die Einleitung des Hauptsatzes schreibt.

Mario Venzago, Gastdirigent der Düsseldorfer Symphoniker beim Sternzeichen-Konzert in der Tonhalle, hingegen mag es lieber flott. Im folgenden Satzteil „Allegro ma non troppo“ (schnell, aber nicht zu sehr) hat es der Dirigent besonders eilig, vor allem in der Schlusspassage, der viele große Dirigenten etwas Luft zum Atmen lassen.

Einige Besucher waren am Freitag von der Rasanz des Orchesterspiels jedoch so hingerissen, dass sie schon gleich nach dem ersten Satz Beifall klatschten, sogar nach dem zweiten, dem „Andante con moto“. Venzago findet das Flotte auch dort angebracht. Gewiss bringt er so etwas frischen Wind ins Geschehen.

Doch geht in diesem Satz einiges verloren: Im Zentrum steht ein dissonanter Verzweiflungs-Akkord, der dramatisch vorbereitet wird, und auf den eine melancholische Eintrübung folgt. Bei Venzago ist so ein Moment, der bereits Bruckner vorwegnimmt, wie ein Sturm im Wasserglas. Es muss ja nicht gleich eine Apokalypse à la Furtwängler sein, aber Venzagos Indifferenz gegenüber dieser Kulmination nimmt dem Satz sein Mysterium.

Im Scherzo und Finale ist indes die Welt wieder in Ordnung. Schubert komponierte zwei schnelle, heitere Sätze, die so ein bisschen Dampf auch gut vertragen. Nun versteht der Schweizer viel von Orchesterarbeit, und die Düsseldorfer Symphoniker hat er dirigiertechnisch merklich im Griff. Das Klangbild wirkt transparent und fein ausbalanciert. Doch Spannung entsteht an dem Abend selten. Gelingt Benjamin Brittens „Sinfonia da Requiem“ noch recht expressiv und stimmungsvoll, so fehlt es Schumanns Konzertstück F-Dur op. 86 für Klavier und Orchester (ursprünglich für vier Hörner und Orchester) an Esprit. Solist Gianluca Cascioli musiziert technisch souverän, aber etwas temperamentlos.

Programm-Wiederholung Montag, 20 Uhr, Tonhalle

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