Schön böse: Christian Ehring gratuliert dem Kom(m)ödchen standesgemäß

In vier ausverkauften Vorstellungen bringt der Kabarettist über die Bühne, was das Haus auszeichnet.

Feiern 70 Jahre Kom(m)ödchen: Elke und Kay Lorentz und ihre Tochter Luzie am Freitag auf dem roten Teppich vor ihrem Theater.

Feiern 70 Jahre Kom(m)ödchen: Elke und Kay Lorentz und ihre Tochter Luzie am Freitag auf dem roten Teppich vor ihrem Theater.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Das Kom(m)ödchen hat den roten Teppich ausgerollt. Seit 70 Jahren gibt es die Kabarettbühne in der Düsseldorfer Altstadt. Zum Jubiläum haben Elke und Kay Lorentz nicht etwa die Prominenz der Stadt oder Szene eingeladen, ihr Publikum heißen die beiden am Eingang willkommen. Es wird gratuliert, geplaudert, gegessen und getrunken.

Und gespielt: In vier ausverkauften Vorstellungen von 16 bis 21 Uhr bringt das langjährige Ensemble-Mitglied Christian Ehring in charmant-böser Manier über die Bühne, was das Kom(m)ödchen seit Beginn ausgezeichnet hat. Und auszeichnet. Sein Fazit: „Das Kom(m)ödchen befindet sich im Hier und Jetzt.“

Sentimentalität verboten, das ist Programm seiner 30 Minuten, in denen er Ausschnitte vergangener Jahre zeigt und dabei assoziativen Kommentaren über die Absurditäten des Kabaretts, der SPD und des Alltags zwischen moderner Kühlschranktechnik und sich der Jugendsprache anbiedernden Eltern scheinbar freien Lauf lässt. Das macht er großartig. Lacher erntet Ehring für Kalauer über Proktologen ebenso wie über seine Ausführungen zu deutschen Kernkompetenzen: „Völkermord und Vergessen. Auch wenn Erdogan meint, wir Deutschen sollten uns beim Thema Völkermord zurückhalten. Nein. Da kennen wir uns aus.“ Das ist böse wie auch der Sketch von Lore Lorentz und Ernst Hilbich von 1949, in dem Adolf Wendich doch gerne seinen Lebenslauf geändert wüsste — ganz so, wie es im neuen System passt.

„Als Kassandra hat sich Lore Lorentz verstanden“, erinnert Ehring an die Grande Dame des Deutschen Kabaretts. An eine, die mit ihrem Mann Kay Lorentz davon überzeugt war, mit politischem Kabarett die Welt verändern zu können.

Dass viele Zuschauer gestern das Kom(m)ödchen bereits kannten, bevor Kay Lorentz jr. vor mehr als 20 Jahren die Bühne übernommen hat, das ist im Zuschauerraum deutlich zu spüren. Selbst das bis 1968 nach jeder Vorstellung gesungene und jetzt arg angestaubte Kom(m)ödchenlied, ist noch einigen bekannt. Zum Jubiläum hat es das aktuelle Ensemble gestern noch einmal gesungen: kurz, schmerzlos und ohne jede Geschichtsklitterung.

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