Schauspielhaus: Bastian Sick - Humor eines Besserwissers

"Spiegel Online"-Redakteur Bastian Sick präsentierte kleine und große Merkwürdigkeiten der deutschen Sprache im Schauspielhaus. Dem Autor von "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" war es ein Anliegen, grammatische Regeln auf unterhaltsame Art und Weise zu erklären.

<strong>Düsseldorf. Missionare blicken meist zurück auf eine Jugend, die ihnen die Rolle eines unverstandenen Außenseiters zuwies. Und einer wie Bastian Sick bot viel Angriffsfläche für rebellische Jugendliche: Ein Sprachpingel und Besserwisser, der falsch gesetzte Apostrophe geißelt und heimlich Udo Jürgens-Platten in blickdichten Plastiktüten durch Lübeck schleppte, dürfte nicht eben der Klassenliebling gewesen sein. Kein Wunder also, dass der Mann heute aufblüht, wo ihm die Massen hingebungsvoll an den Lippen hängen. Auf seinem Kreuzzug gegen den Dativ machte der Schlussredakteur von "Spiegel Online" am Samstag im restlos ausverkauften Schauspielhaus Station, um seine grammatikalische Ablasspredigt unter dem Titel "Die Bastian Sick-Schau" unters unwissende Volk zu bringen. Kleine und große Sprachmerkwürdigkeiten hat der Deutschlehrer der Nation mitgebracht, über die man sich im Alltag hoffentlich mehr amüsiert als ärgert. Wie vermutlich die Reisenden des Zuges, denen per Durchsage verheißen wurde: "Meine Damen und Herren, soeben ist unsere ofenfrische Brezelverkäuferin zugestiegen." Nicht nur die Sprachregelungen der Bahn erweisen sich als wahre Fundgrube für Sick, der seine Stücke mit ironischen Kommentaren serviert. So wie den politisch vollkommen korrekt gemeinten Hinweis "Lehrerfortbildung zu Neonazis" oder die herzerfrischende Werbebotschaft der Schützengesellschaft St. Sebastianus "Werde Mitglied - lerne schießen - treffe Freunde!". Das Konzept des "Spiegel-Online"-Redakteurs, der in seinen "Zwiebelfisch-Kolumnen" orthographische Ungetüme, verirrte Satzzeichen und stilistische Fehlgriffe aufdeckt und sie im Buch "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" erfolgreich vermarktet, ist es, ohne allzu oberlehrerhaft aufzutreten, etwas beizubringen. Mit ordentlichem Seitenscheitel, aber losen Randbemerkungen wirkt er während der knapp dreistündigen Mischung aus Lesung und Vorlesung wie ein Referendar am Rande einer aus dem Ruder laufenden Unterrichtsprobe. Man merkt ihm an, dass es ihm ein echtes Anliegen ist, grammatische Regeln hinter den Besonderheiten der deutschen Sprache zu erklären. Manches in seiner Sprachblütenrevue erweist sich als arg schlüpfrig, einzelne Pointen sind auch hohl, aber irgendwie vergeht die Zeit mit Sicks Stilübungen im Nu.Aber Auslachen ist dem Humor sein Tod, und das ist dem Bastian Sick sein Risiko. Doch an diesem Abend ist der Bastian Sick dem Publikum sein Liebling.

BASTIAN SICK

Lebenslauf: Geboren am 17. Juli 1965 in Lübeck. Zwei Schwestern. Studium auf Lehramt (Romanistik, Geschichte und Pädagogik).

Karriere: Erste Anstellung im Fotoarchiv von "Der Spiegel". Wechsel in die Online-Redaktion. Arbeitet dort ab 1999 als Schlussredakteur. Im Mai 2003 ist die erste Zwiebelfisch-Kolumne online. Sie wird ein Riesenerfolg. Im September 2004 erscheint "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod", eine Auswahl der schönsten Zwiebelfisch-Kolumnen. 2005 folgt Band 2.

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