Russische Filmtage Literat in trister Breschnew-Ära

Düsseldorf · Russische Filmtage starteten mit Porträt des Schriftstellers Sergej Dowlatow, der unter dem Sowjet-Regime litt.

 Verwaschene Farben und winterlich kalte Bilder: „Dowlatow“ erzählt vom Schriftsteller Sergej Dowlatow in der tristen Breschnew-Ära.

Verwaschene Farben und winterlich kalte Bilder: „Dowlatow“ erzählt vom Schriftsteller Sergej Dowlatow in der tristen Breschnew-Ära.

Foto: Alpha Violet

Russische Filme laufen in unseren Kinos eher selten. Was sehr schade ist, denn da gibt es einiges zu entdecken, wie ein Blick ins Programm der „Russischen Filmtage“ zeigt, die am Samstagabend in der Black Box eröffnet wurden. Zum sechsten Mal zeigt das Kino im Filmmuseum noch bis zum 31. März eine Auswahl aktueller Produktionen.

„Wir haben dafür die Beiträge internationaler Festivals gesichtet“, gab Bernd Desinger, Leiter des Filmmuseums, einen Einblick in die Vorarbeiten der Filmtage, die parallel mit Münster ausgerichtet werden. Dort sind die gleichen Filme zu sehen, jedoch zu anderen Zeiten.

Der Eröffnungsfilm war dem russischen Dichter Sergej Dowlatow (1941 – 1990) gewidmet. Das Publikum in der ausverkauften Black Box sah jedoch kein klassisches Bio-Pic, das sich seinem Leben und Werk oder einer herausragenden Episode daraus widmete. Vielmehr zeigt Regisseur Alexey German Jr. den Alltag des Schriftstellers über sechs Tage hinweg im November 1971. Zu dieser Zeit lebte Dowlatow (Milan Maritsch) in Leningrad und versuchte vergeblich seine Gedichte und Romane zu veröffentlichen. Wie bei vielen Künstlern dieser Zeit, wurden seine Schriften als nicht konform mit der sowjetischen Führung beurteilt.

„Dowlatow“ spiegelt die Tristesse der Breschnew-Ära wider

Der 30-Jährige hielt sich mit Kolumnen für eine Zeitung über Wasser und versuchte, bei aller Resignation, sich mit einem leicht ironischen Blick auf die Welt treu zu bleiben. Wie viele seiner Kollegen, wollte Sergej keine Kompromisse eingehen, um sich mit dem Sozialismus zu arrangieren.

Alexey German Jr. taucht die Szenerie in verwaschene Farben und winterlich kalte Bilder. Damit spiegelt er die Tristesse der Breschnew-Ära wider, die bleischwer auf den Künstlern liegt, sie gewissermaßen in ihrer Kreativität resigniert erstarren lässt. Emotionale Ausbrüche versagt er seinen Protagonisten, dafür legt German Jr. besonders Dowlatow eine feine Ironie in die Dialoge, die dem Publikum im Kinosaal einen vagen Eindruck von der Persönlichkeit des mit gerade einmal 48 Jahren verstorbenen Schriftstellers vermitteln. Da lebte Dowlatow bereits seit Jahren im New Yorker Exil. Zwar war er noch zu Lebzeiten schließlich ein erfolgreicher Autor und Herausgeber einer Zeitschrift. Dass er jedoch zu einem der Lieblingsschriftsteller in seiner Heimat werden würde, erlebte er nicht mehr.

Bis zum 31. März zeigt die Black Box noch fünf weitere russische Spielfilme, darunter am 17 März „Elefanten können Fußball spielen“ (Beginn: 19 Uhr). Regisseur Mikhail Segal wird im Anschluss an die Vorführung zum Publikumsgespräch in der Black Box vorbeischauen. Regelmäßigen Besuchern der „Russischen Filmtage“ ist er nicht unbekannt, denn Segal war schon zweimal zu Gast in Düsseldorf.

Auch ein Film über Schriftsteller Leo Tolstoi wird gezeigt

Interessant durfte auch „Die Frauen von Rjasan“ sein, ein Stummfilm der Regisseurin Olga Preobraschenskaja. Darin beleuchtet sie die Rolle der Frauen in der vorrevolutionären russischen Gesellschaft. Zu sehen ist der Film am 15. März (Beginn 19 Uhr.).

Auch Awdotja Smirnowa hat sich eine berühmte Schriftsteller-Biografie vorgenommen und wie Alexy German Jr. wirft ihr Film nur ein Schlaglicht auf eine kurze Phase in seinem Leben. Diesmal geht es um Leo Tolstoi, der in „Die Geschichte einer Versetzung“ gebeten wird, einem zum Tode verurteilten Soldaten beizustehen. Gezeigt wird das Bio-Pic am 16. März (Beginn: 19 Uhr).

Zwei starke junge Mädchen stehen im Mittelpunkt von „Annas Krieg“ (25. März, Beginn: 20 Uhr) und im Abschlussfilm „Ayka“ (31. März, Beginn: 17:30 Uhr). Während sich die Kirgisin Ayka im modernen Moskau mit schlecht bezahlten Jobs durchschlägt, um ihr Neugeborenes ernähren zu können, erzählt „Annas Krieg“ von einem Mädchen, das 1941 in einem Massengrab überlebt und sich zwei Jahre lang im Kamin des Kommandanturbüros der deutschen Besatzer versteckt, um von dort aus den Krieg zu beobachten. Nach der Vorführung wird Regisseur Aleksey Fedortschenko zum Publikumsgespräch in der Black Box zu Gast sein.

Alle Filme werden im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.

Weitere Informationen zum Programm unter:

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