Reisebericht: Die Kinder der Trommel

Auf der japanischen Insel Sado leben die Künstler des Taiko-Ensembles Kodo und trainieren für ihren Auftritt in Düsseldorf.

<strong>Düsseldorf. Aussteiger, einmal verrückt sein und aus allen Zwängen flieh’n, Sinnsuche, zurück zur Natur: Gedanken, die dem europäischen Besucher auf dem Weg nach Kodo Village in den Sinn kommen. Mehr als zwölf Stunden Flug liegen hinter ihm, vier Stunden Bahnfahrt quer durch Honshu, die größte Insel Japans, sowie zweieinhalb Stunden Schiffstour durch eine für ihren Seegang berüchtigte Meerenge - was nur hat die Trommler von Kodo dereinst bis ans Ende der Welt nach Sado-ga-shima getrieben? "Hier gab es den Traum, auf einer Taiko die Welt zu bereisen", fasst Yoshikazu Fujimoto seine Erinnerungen in eine poetische Form. Anfang 20 war der junge Mann aus Kyoto, als er sich entschloss, seinen Job als Chefkoch aufzugeben und sich fortan ganz der Taiko zu widmen: Jenen traditionellen japanischen Trommeln unterschiedlicher Größe, deren Korpus aus einem einzigen Stück Holz des Kejaki-Baums gefertigt und dann mit Fellen aus Pferde- oder Rinderhäuten bezogen wird. "Wenn du solch einer Taiko gegenüberstehst, verleiht dir das eine Energie wie sonst nur ein Gebet", sagt Fujimoto, inzwischen mit seinen 57 Lebensjahren nicht nur der "dienstälteste" Trommler des weltberühmten Kodo-Ensembles.

Die Taiko-Trommel diente der Götterbeschwörung

Mochte das Dutzend junger Männer, das Anfang der 70er Jahre nach Sado kam, anfangs vielleicht noch von nebulösen Gedanken von einer besseren Welt getrieben gewesen sein, erkannten die "Kinder der Trommel" (wie eine Übersetzung des Gruppennamens lautet) rasch, dass sie für ihren Schlegel-Traum neben Sponsoren vor allem auf eines angewiesen waren - "zum Taiko-Spielen braucht man Kondition". Und so gaben sich die nach Freiheit Suchenden Regeln: Trinken und Rauchen waren fortan ebenso verboten wie Paarbeziehungen, dem morgendlichen Weckruf um 5.30 Uhr folgte ein Zehn-Kilometer-Lauf über die Insel, ausgiebiges Stretching gehörte ebenso zum Übungsprogramm wie das (Kraft-)Training der rhythmischen Trommelschläge, das Studium der japanischen Geschichte und der Teezeremonie, das gemeinsame Kochen oder das Beackern der Reisfelder. Schließlich ist die Taiko in Japan seit jeher mehr als nur ein reines Musikinstrument gewesen, diente in den Ritualen der Shinto-Religion der Götterbeschwörung, als Begleitung für traditionelle Tänze oder auch bei der Feldarbeit.

Und eben diese Verwurzelung in der eigenen Geschichte war und ist den fast 70 Mitgliedern der Trommler-Kommune bis heute wichtig: "Kodo will nicht nur eine Show auf die Bühne bringen", führt Yoshikazu diesen Gedanken aus, "es geht uns auch um die eigene Identität und die Idee eines speziellen japanischen Lebensstils."

Ensemble Das japanische Trommler-Ensemble Kodo lebt seit Anfang der 70er Jahre in einer Gemeinschaft auf der abgeschiedenen Insel Sado. Der Tages-Rhythmus der Männer und Frauen wird durch ihr Training auf den Taiko-Trommeln bestimmt.

Termin In Düsseldorf gastieren die Kodo-Trommler am Donnerstag, 28. Februar, um 20Uhr in der Tonhalle. Karten: 0211/89 96 123

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