Raus ins freie Künstlerleben

An der Kunstakademie erhielten 19 Studenten ihren Abschluss. Wie stellen sie sich ihre Zukunft vor?

Düsseldorf. Anna Bauer hat die ehemalige Besenkammer der Kunstakademie in eine Höhle verwandelt, indem sie eine dicke Haut aus Sand und Gips vor die Mauern gesetzt hat.

Die Höhle ist für sie die Kunstakademie, und nun wird sie sich daraus befreien, wie ein Kind aus dem Bauch der Mutter. Anna gehört zu den 19 Studenten, die soeben ihren Akademiebrief bekommen haben. Sie alle sind nun freie Künstler.

Wie sehen sie ihre Zukunft? "Ich werde weiter arbeiten", sagt Sven Fritz, und fügt hinzu: "Jobben tue ich doch die ganze Zeit schon. Ich lebe bereits unter Realbedingungen." Sven Fritz kann sich die freie Kunst fast schon leisten. Er hat zunächst den Beruf des Heilerziehers erlernt.

Lukas Schmenger hat wie zur Selbstbestätigung sein Selbstporträt an die Wand gehängt und erklärt: "Ich habe es mit zwei Spiegeln aufgenommen, mit kleinem Pinsel vorgezeichnet und anschließend mit hellgrünem Farbfilm überzogen, bevor ich es geschliffen habe." Es sieht recht zuversichtlich aus.

Wie es weiter geht? "Es verändert sich nicht so viel. Seit einem Jahr habe ich ein Atelier in der Scheurenstraße. Ich jobbe." Dass er jeden Cent umdreht, bevor er ihn ausgibt, zeigt sich an Bemerkungen wie dieser: "Ich fahre Rad, wenn ich mir ein U-Bahn-Ticket nicht leisten kann."

Seine Kollegin Maren Maurer hat eine ungewöhnliche Biographie: Sie absolvierte zunächst ein Tanzstudium und war professionelle Balletttänzerin, bevor sie zur bildenden Kunst wechselte und noch einmal von vorn anfing. Zum Abschied von der Akademie schuf sie multiple Tänzerinnen in der Pose der "Attitüde", wie man ihre graziöse Bewegung beim Spitzentanz nennt.

Doch ihr geht es nicht um die schöne Kür, sondern um das Feuer. Die Grazien sind aus Paraffin und werden angezündet, eine nach der anderen geht im Klassenraum in Flammen auf. "Ich will arbeiten, arbeiten, arbeiten. Ich möchte Kunst leben und frei sein", sagt sie ganz schnell. "Ich werde jobben. Was, ist egal. Hauptsache, ich bekomme für das, was ich tue, Geld."

Johann Sturcz tut so, als ob ihm schon jetzt die Welt gehört. Er hat mit Erika Wakayama eine anderthalbjährige Tochter. Er kommt aus Ungarn und lebt seit 20Jahren in Deutschland. Seine Frau stammt aus Japan und ist seit sieben Jahren hier. Nun gehen sie zu dritt nach Japan. Für ihn ist es ein Abenteuer, für sie die Rückkehr zur Familie und zu den Freunden, die bei Ausstellungen behilflich sein können. "Ich habe keine Angst vor der Zukunft", sagt er. Ganz sicher scheint er sich bei diesem Satz nicht zu sein, denn er fügt hinzu: "Ich finde es gut, dass ich keine Angst habe, denn es ist nicht einfach."

Anastasia Malkhazova ist voller Schaffensdrang. Sie macht Film, Video, Theater, Malerei und grandiose Zeichnungen. Sie stammt aus Russland und ist seit 14 Jahren hier. Auch sie jobbt, nimmt Porträt-Aufgaben und Übersetzungen an. Und die Zukunft? "Ich hoffe, sie wird gut."

Anna Bauer aber, die Frau aus der ehemaligen Besenkammer, macht zunächst einmal Tabula Rasa: "Ich arbeite in einem Ferienlager mit autistischen Kindern und anschließend reise ich. Das Zimmer in Düsseldorf habe ich gekündigt. Ich breche alle Zelte ab, aber ich weiß noch nicht, wohin es geht."

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