Düsseldorf Premiere: Theaterstück über Klaus Barbie -
Hier kommt nur der Täter zu Wort

„Barbie — Begegnung mit dem Bösen“ heißt das Stück über den „Schlächter von Lyon“, das am 13. Februar im Central Premiere feiert.

Düsseldorf: Premiere: Theaterstück über Klaus Barbie - </br>Hier kommt nur der Täter zu Wort
Foto: Sebastian Hoppe

Düsseldorf. Hollywood-Regisseur Quentin Tarantino machte keinen Hehl daraus, dass der Kriegsverbrecher Klaus Barbie ihn zu seinem Erfolgsfilm „Inglourios Basterds“ inspiriert hat. Denn Nikolaus „Klaus“ Barbie - alias Klaus Altmann - stellte seine mörderischen Foltermethoden stets in den Dienst faschistischer Diktaturen, sei es unter den Nazis, während der Frankreich-Besatzung bis 1944 (darum geht es ja auch in dem Kinohit von 2009). Oder später in Bolivien, wohin er 1951, auch mithilfe des amerikanisches Geheimdienstes, emigrieren und unter dem Namen Altmann erneut Unheil anrichten konnte.

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Foto: Roland Witschel/dpa

Der Massenmörder, den die Franzosen bis heute den „Schlächter von Lyon“ nennen und nach Kriegsende zweimal in Abwesenheit zum Tode verurteilten, dient als Protagonist eines außergewöhnlichen Theaterabends. Die Autoren und Regisseure Leonhard Koppelmann und Peter F. Müller lassen in ihrem Einpersonen-Stück allein den Täter zu Wort kommen. Titel des pausenlosen 90-Minuten-Opus’, das am 13. Februar, 20 Uhr, Premiere feiern wird, im Schauspielhaus-Provisorium am Hauptbahnhof (Central): „Barbie - Begegnung mit dem Bösen“.

Das klingt nach pädagogischem Projekt. Doch: „Wir sitzen nicht zu Gericht, sondern lassen den Täter zu Wort kommen. Barbie spricht nur im Originalton“, erklärt Koppelmann im WZ-Gespräch. Zitiert wird überwiegend - wie bereits im gleichnamigen WDR-Hörspiel von 2014, das der Theaterfassung zu Grunde liegt - aus Klaus Barbies Biografie. Aufgeschrieben von ihm ab 1983 in seiner Gefängniszelle in Lyon. Dort wartete der Mann, der zum Symbol des Nazi-Horrors wurde, auf seinen Prozess.

Von 1942 bis 1944 soll er als Chef der Gestapo-Außenstelle in Lyon Tausende Männer, Frauen und Kinder gefoltert haben (mit sadistischen Methoden wie Water-Boarding - simuliertes Ertränken), oder in Vernichtungslager verschickt oder selbst getötet haben. Hintergrund des Prozesses: Nach einigen gescheiterten Versuchen, diesen NS-Verbrecher aus Bolivien nach Frankreich zu entführen (einmal durch Beate Klarsfeld), lieferte ihn Bolivien 1983 an Frankreich aus - in der kurzen Phase, als der lateinamerikanische Staat von einem demokratischen Präsident regiert wurde.

Die Theater-Inszenierung will weniger Barbie als Monster oder seine abscheulichen Taten vorführen oder emotional aufgeladenes Historien-Drama liefern. Koppelmann: „Wenn wir Barbie — dargestellt von Andreas Grothgar — erzählen lassen, wollen wir seine Denkmuster entlarven.“ Es geht um einen kleinen, schmalen, unauffälligen Mann, der einer bürgerlichen, kulturbeflissenen Familie entstammt. Und dann zum Schlächter oder Folterer mutiert, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt, wenn, wie unter den Nazis, Grenzen und Hemmschwellen wegfallen.

Und Grausamkeit, verübt an Minderheiten, unbestraft bleibt, ja von der Diktatur gewünscht wird. Menschen sind nicht von Natur aus Täter, sondern werden dazu, wenn die Ordnung zerbricht. Diese Erkenntnis zeige, so Kopppelmann, eine Verbindungslinie zum Völkermord im Jugoslawien-Krieg der 90er Jahre auf oder zu IS-Terroristen unserer Zeit. „Sie gingen früher mit uns zur Schule, spielten Fußball mit uns, sprengen sich als „Gotteskrieger“ heute in die Luft und reißen Hunderte von Unschuldigen mit in den Tod.“

Zu den verwendeten Materialien, auch aus dem Nachlass des Barbie-Verteidigers Jacques Vergès, sagt Autor Koppelmann: „Wir sind sicher, dass es Originale sind, wenn auch viele Texte wissenschaftlich noch nicht ausgewertet sind.“ Übrigens: Finanziert wurde Barbies Verteidigung von Francois Genoud - einem Schweizer Bankier und Holocaust-Leugner, der bereits den Anwalt des Obersturmbannführers Adolf Eichmann im Jerusalemer Prozess bezahlt hatte.

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