Pochers gefährliches Halbwissen

Der 31-Jährige stürzt sich in der Tonhalle auf Klischees.

Düsseldorf. Wenn der Unterhalter Oliver Pocher auftritt, dann mit viel Tamtam, heroischen Popklängen und Scheinwerfer-Gewitter. Ein Vorfilm hatte soeben die selbstquälerische Vorbereitungsphase auf die Pocher-Tournee "Gefährliches Halbwissen" dokumentiert.

In selbstironisch misslingendem Sporttraining ist der 31-Jährige zu sehen oder dabei wie er ein Glas voll roher Eier in seinen Mund stürzt, um sie mit angewidertem Gesicht wieder auszuspeien. Zuletzt sieht man ihn mit Boxhandschuhen und Bademantel durch Gänge einer Halle irren, eskortiert von Personal, das auch planlos zu sein scheint.

In Box-Montur betritt er dann endlich leibhaftig den eher mäßig besuchten Saal der Tonhalle. Nach kurzem Empfang von Jubel und anerkennenden Pfiffen spurtet der Comedian auch schon vom Podium ins Parkett, um das zu machen, was er am besten kann: Leute beleidigen.

Pocher brüskiert nicht immer so direkt wie vor einigen Jahren bei der ZDF-Sendung "Wetten, dass ?", wo er einer Zuschauerin eine Schönheitsoperation ans Herz gelegt hatte. Nein, er verwickelt einzelne Zuschauer in eine peinliche Plänkelei.

Da sitzt etwa in der ersten Reihe ein Kosovare oder Kosovo-Albaner (das wusste dieser angeblich selber nicht ganz genau) neben seiner deutschen Freundin. Er sei Kfz-Mechatroniker, sie studiere Sozialpolitik. Natürlich hakt der Quälgeist immer weiter nach, bis die Befragten ihre Rolle als Deppen vom Dienst eingenommen haben.

Dann gerät eine Gruppe Abiturienten in seinen verbalen Schwitzkasten. Sie hatten sich freiwillig gemeldet, irgendeinen Bekannten jetzt und gleich über Mobilfunk in seine Show einzuladen. Der eine junge Mann sei mit dem anderen einmal liiert gewesen - für den 31-Jährigen eine Steilvorlage, ein Schwulenklischee nach dem anderen aus der Mottenkiste ziehen zu können.

Und darin hat er Übung. "Es sind doch nur Klischees!" ruft er halbherzig entschuldigend ins Publikum, wenn er über bestimmte Gesellschaftsgruppen lästert, beispielsweise das kehlige Türkendeutsch imitiert. "Aber sie stimmen", fügt er etwas leiser hinzu.

Oliver Pocher lebt von der Improvisation und seiner unglaublichen Schlagfertigkeit. Und daher braucht er Opfer wie ein Vampir, der ohne Blut eingehen würde. Bluten müssen die herausgepickten Besucher - zum Gaudi aller anderen.

In der Gestalt des Zauberers Morta Della kann er sich aber auch mal selbst auf die Schippe nehmen - durch Magie, die bewusst keine ist. Ihm gelingt es immerhin, längere Zeit an der Oberfläche zu unterhalten. Aber man nimmt nicht viel davon mit. Pochers "Gefährliches Halbwissen" - war da was?

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