Premiere Duell der Gigantinnen

Düsseldorf · Adela Zaharia debütierte als „Maria Stuarda“ in der Rheinoper. Viel Jubel gab es für den 31-jährigen Opernstar und für Maria Katavea als Elisabetta.

 Maria Kataeva (Elisabetta I), Adela Zaharia (Maria Stuarda), Richard Šveda (Lord Guglielmo Cecil) und Bogdan Taloş (Giorgio Talbot) bei der Düsseldorfer Premiere.

Maria Kataeva (Elisabetta I), Adela Zaharia (Maria Stuarda), Richard Šveda (Lord Guglielmo Cecil) und Bogdan Taloş (Giorgio Talbot) bei der Düsseldorfer Premiere.

Foto: Hans Joerg Michel

Wer war die Böse, die Gefährliche und Hinterlistige? Maria Stuart oder ihre Tante zweiten Grades, Elisabeth I., Königin von England? Wenn auch Historiker über diese Frage streiten, so entschied sich Friedrich Schiller in seinem Drama „Maria Stuart“ für Elisabeth als rachsüchtige Missetäterin, die Maria Stuart enthaupten ließ. Auch Gaetano Donizetti – der vor etwa 180 Jahren daraus eine dramatische Belcanto-Oper mit lauter Ohrwurm-Arien, vokaler Akrobatik in Duetten und Terzetten machte – sah in Maria eher ein unschuldiges, beinah harmloses Opfer denn eine durchtriebene Antipodin. Der Dreiakter „Maria Stuarda“, in dem es um Liebe und Leid, Eifersucht und Tod im fröhlichen Dreivierteltakt geht, feierte jetzt eine umjubelte Premiere im gut besuchten (aber nicht ausverkauften) Opernhaus.

Und das, obwohl der Star der Rheinoper, Adela Zaharia, in der Titelpartie debütierte. Und mit ihrem luftigen, schwerelos schwebenden und leuchtenden Koloratursopran und samtiger Mittellage ein kulinarisches Gesangsfest lieferte. Sie in dieser Rolle zu erleben, ist ein Erlebnis, das noch Düsseldorfer Opernfreunden vorbehalten bleibt. Denn die 31-jährige bildschöne und hochgewachsene Adela, die seit drei Jahren zum Rheinopern-Ensemble gehört, erfuhr 2017, durch den Sieg beim weltbekannten Operalia-Wettbewerb, einen enormen Karriereschub im internationalen Opernbetrieb. Und wird die Maria Stuarda bald auch in berühmten Musiktempeln singen.

Zum Belcanto-Fest mit packender Dramatik tragen neben dem auf Donizetti-Schwung getrimmten Opernchor und den leichtfüßig spielenden Symphonikern (unter Antonino Fogliani) ebenso bei: Zaharias Gegenspielerin, die russische Mezzosopranistin Maria Kataeva als Elisabetta I. mit rauem Charme, und der georgische Tenor Shalva Mukeri als Graf Leicester. Letzterer liebt die schottische Königin Maria Stuart und versucht bis zum letzten Augenblick, zwischen ihr und Elisabeth zu vermitteln. Vergeblich, wie man weiß. Mukeri lässt seinen eleganten, leichten, aber intensiven Tenor mit sicheren Höhen, Metall und reichlich Italianità strömen. In Soli oder Duetten mit Maria und Elisabeth ergänzen sich die Stimmfarben und erreichen kammermusikalische Qualität.

Zornige Wutausbrüche mit großer Stimme und Eifersuchts-Posen mit oder ohne funkelnder Krone auf dem Kopf - das bietet Maria Kataeva, die als Potentatin Elisabetta wie eine unberechenbare Wildkatze umherschleicht, bis zum letzen Augenblick zögert, Marias Todesurteil zu unterschreiben. Wohl wissend, dass ihr das Exekutieren Marias (sie war in erster Ehe mit dem französischen König verheiratet) politisch mehr schaden als nutzen könnte. Doch die Eifersucht siegt. Eifersucht auf die Frau, die ihr einstiger Geliebter Leicester anbetet.

Großes Kino bieten Kataeva und Zaharia in dem Moment, als die Königinnen aufeinandertreffen. Und Maria ein letztes Mal versucht, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Geheuchelt wirken Marias Demutsgesten, wenn sie vor Elisabetta niederkniet und um Vergebung bittet. Zu stolz ist sie und beschimpft die Monarchin dann als „Bastard und englische Hure“, reißt die Krone weg und setzt sie sich selber aufs Haupt. Elisabetta steht wie angewurzelt da, ringt um Fassung. Politisch und persönlich scheinen in dem Moment für sie die Würfel gefallen zu sein.

Besonders in dieser Szene überzeugt die psychologische Personenregie von Guy Joosten, der die Figuren sicher durch den Stoff von Donizetti und seinem Librettisten Giuseppe Bardari führt, der den Schillertext im Sinne der Romantik zuspitzte. Eine streitbare Regie-Neudeutung war bei diesem Sujet ohnehin nicht zu erwarten. Spannend aber wirkt die Idee, beide Frauen als Gefangene des Macht-Systems des 16. Jahrhunderts zu zeigen. So wechseln im Halbrund des Luxus-Gefängnisses (Dekor: Roel van Berckelaer) im Laufe des knapp dreistündigen Opernabends die beiden die Plätze.

Maria, die anfangs bequem auf einem Riesensofa liegt und Bücher liest, erscheint später hinter Gittern, oben in der ersten Etage. Genau dort steht Elisabetta wie eine vereiste Skulptur nach dem Duett der beiden, das sich zu einem Duell der Gigantinnen (nach dem britischen Spiel „The Duel of the Giants“) auswächst. Von dort aus beobachtet sie wie eine Rachegöttin das Finale, in dem Maria vorne auf einem Barhocker thront und stolz ihre große Schluss-Arie der Vergebung  singt. Wenn der Vorhang fällt, ist man sich nicht so ganz sicher, ob sie tatsächlich dem Fallbeil zum Opfer fällt. Historisch ist’s eine unumstößliche Tatsache, doch Opernregisseure folgen halt anderen Gesetzen.

Weitere Aufführungen: 22., 30. Dezember, 2., 4., 6. Januar und 9. Februar.

Tickets: Tel. 0211/ 8925.211 oder Online unter:

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