Baustelle Düsseldorf Neuer Schauspielhaus-Intendant steht vor alten Problemen

Das Düsseldorfer Schauspielhaus wird wieder zur Baustelle. Erneut muss das Haus saniert werden. Der neue Intendant Wilfried Schulz wird erst mit Verspätung einziehen.

Düsseldorf (dpa). Das Schauspielhaus Düsseldorf, eines der größten Sprechtheater Deutschlands, wird schon wieder zur Baustelle. Ab Januar 2016 bis in den Herbst hinein müssen Leitungen und Rohre vom Dach bis in den Keller überholt werden, während draußen der Gustaf-Gründgens-Platz für den Bau einer Tiefgarage aufgerissen wird. Wieder muss das Theater monatelang in das nüchterne Central am Hauptbahnhof ausweichen.

DER FRÜHERE INTENDANT: Es kommen Erinnerungen an den Start des früheren Intendanten Staffan Holm auf. Er konnte 2011 erst im November verspätet die Eröffnungspremiere geben. Buchstäblich bis zur letzten Minute hatten Handwerker das Große Haus saniert. Die geplante Auftaktdramaturgie Holms geriet durch den verspäteten Start ins Rutschen. Der schwedische Intendant gab nur ein Jahr später wegen eines Burnouts auf.

DER INTERIMSINTENDANT: Nach mehrmaligem Führungswechsel berappelt sich die Bühne der Landeshauptstadt unter Günther Beelitz (76). Er hatte das Theaterschiff inmitten der Krise wieder übernommen und das Schauspielhaus schon von 1976 bis 1986 geleitet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zuschauerzahl unter Beelitz bereits um etwa 12 000. „Es ist ein leichter Aufwärtstrend spürbar, was auch dringend notwendig ist“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. „Das Haus ist wieder in der Stadt verankert und die Stadt wieder im Haus.“ Im Grundsatz stecke Düsseldorf aber „immer noch im Prozess des starken gegenseitigen Vertrauensverlustes“. Das mache es „schwerer, als es sonst schon ist“.

DER KÜNFTIGE INTENDANT: Das Schauspielhaus wartet auf den neuen Hoffnungsträger Wilfried Schulz, der vom Dresdner Staatsschauspiel abgeworben werden konnte. Schon jetzt ist klar, dass auch Schulz erst später - gehofft wird auf November 2016 - beginnen kann. „Auf jeden Fall“ werde Schulz im Großen Haus starten, verspricht Kulturdezernent Hans-Georg Lohe. Beelitz ist da skeptischer.

DER SPIELPLAN: George Tabori steht derzeit auf dem Programm mit seinen radikal theater- wie religionsskeptischen „Goldberg-Variationen“ sowie Ibsen und Heinar Kipphardts „März, ein Künstlerleben“. Die Uraufführung von Anne Leppers konsumkritischer Komödie „La Chemise Lacoste“ fand Beachtung. Als Klassiker folgt noch Shakespeares „Sturm“ im April. Anfang Juni steht die Düsseldorfer Premiere von Schillers „Wallenstein“-Trilogie an - eine Koproduktion mit dem Nationaltheater Weimar. Regie führt der Weimarer Intendant Hasko Weber, der einen soliden Viereinhalbstunden-Theaterabend liefert. Zum Vergleich: Peter Stein brauchte 2007 in Berlin rund zehn Stunden für „Wallenstein“.

SCHAUSPIELER: Zugpferd im „Wallenstein“ ist Dominique Horwitz als Feldherr. Das Düsseldorfer Ensemble ist ebenfalls stark und trug entscheidend etwa zum Erfolg etwa der „Ratten“ von Gerhart Hauptmann bei. Aber nicht einmal eine Ausnahmeschauspielerin wie Karin Pfammatter kann zeigen, was sie kann, wenn der Regisseur - wie in den „Goldberg-Variationen“ - keine Inspiration zu vermitteln vermag.

REGISSEURE: Die Regisseure in Düsseldorf sind nicht immer erste Klasse. Tilo Nest konnte die Potenziale von Taboris „Goldberg-Variationen“ nicht ausschöpfen. Volker Lösch indes gelang eine überzeugend aktuelle Inszenierung von Hauptmanns „Ratten“.

FAZIT: Der gescheiterte Holm hatte aus der Ausnahmestellung des Düsseldorfer Schauspiels, das von Stadt und Land finanziert wird, die Schlussfolgerung gezogen, es müsse eine erstklassige Stellung einnehmen. Für Düsseldorf als internationales Handels- und Finanzzentrum entwickelte er einen ebenso internationalen Spielplan - der aber beim lokalen Publikum nicht so gut ankam. Beelitz setzte auch auf Klassiker, die beim Publikum populär sind. Wie viel Wagemut wird Schulz aufbringen? „Ich bin nicht blauäugig, dazu bin ich zu erfahren“, hatte er gesagt. Er will das Schauspielhaus als offensives Theater im Mittelpunkt der Stadt platzieren. Dazu müssen aber auch die Bauzäune eingerissen werden.

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