Christian Olejnik Soloalbum mit 124 Gästen

Düsseldorf · Der Ole, früher Sänger von Massendefekt, hat ein Album aufgenommen, für das er fast alle erhofften Mitstreiter gewonnen – nur Klaus & Klaus nicht.

 Christian Olejnik arbeitet normalerweise für die Jugendhilfe.

Christian Olejnik arbeitet normalerweise für die Jugendhilfe.

Foto: Label

Christian Olejnik ist – wenn er nicht in der Düsseldorfer Jugendhilfe arbeitet – Musiker. Sein Name: Der Ole. Früher die Stimme von Massendefekt, wandelt er seit ein paar Jahren auf Solopfaden. Mit „Durch die Zeit“ hat er ein Album veröffentlicht, das nicht nur aufgrund seiner Entstehungsgeschichte außergewöhnlich ist.

Herr Olejnik, Ihre üppige Platte bringen Sie ausgerechnet während der Corona-Pandemie heraus, zu einer Zeit, in der Menschen möglicherweise andere Dinge als Musik im Kopf haben. Ist das nicht unglücklich?

Christian Olejnik: Nein. Viele Leute haben mir zwar gesagt: „Vor 2021 brauchst Du die Platte gar nicht herauszubringen.“ Und ich habe sie ja anfangs auch um ein paar Monate verschoben. Aber irgendwann habe ich mir dann doch gesagt: „Schluss. Das interessiert mich jetzt alles nicht.“ Wissen Sie: 2021 hätte der Hörer womöglich gar nicht mehr gewusst, wer da alles zu hören ist. Ich denke: Letztlich kann man Musik immer hören – gerade in einer Zeit, in der es keine Konzerte gibt. Zudem ist diese Platte eine Herzensangelegenheit. Sie musste jetzt raus.

Beschreiben Sie diese Herzensangelegenheit doch einmal näher.

Olejnik: Mein erstes Album war eine reine Soloplatte. Das jetzt ist eine Projektplatte.

Eine mit großer Gästeliste.

Olejnik: Eben. Ich habe alle, die irgendwann irgendwie einmal wichtig für mich waren, gefragt, ob sie mitmachen wollen.

Laut Begleitbüchlein sind das 124 Musiker aus 23 Ländern. Sind alle dabei, die dabei sein sollten?

Olejnik: Die meisten schon. Nur – zum einen – Klaus und Klaus nicht. Die wollte ich für den Song „Wild Rover“ haben. Das ist ja das irische Original von „An der Nordseeküste“. Aber: Der eine – der kleine, dünne Klaus – hat gar nicht geantwortet. Und der große, dicke hat über seine Frau abgesagt. Sie schrieb mir, dass sein Produzentenvertrag es nicht erlaube, bei so etwas mitzumachen. Ich habe ihr geantwortet, er solle doch einfach sagen, dass er keinen Bock hat. (lacht). Und andererseits fehlen Kraftwerk. Die haben mich früher sehr geprägt. Aber an die bin ich gar nicht rangekommen.

Sie hören sich an, als halte sich Ihre Enttäuschung darüber dennoch in Grenzen.

Olejnik: Das ist auch so. Denn letztlich war es egal. Ich habe Bands wie Planlos, Sondaschule oder meine ehemaligen Mitmusiker von Massendefekt dabei. Micky Krause singt einmal mit – ein toller Typ. Dann sind sieben verschiedene Schlagzeuger dabei – unter anderem Vom Ritchie von den Toten Hosen, Thomas Stauch, ehemals Blind Guardian, oder Sina Drums – ein ganz junges Mädchen, das auf „You Tube“ Schlagzeug-Videos zeigt und unfassbar gut ist. Vor allem aber: Dirk Schlömer von Ton Steine Scherben ist mit auf der Platte. Das ist seit jeher eine extrem wichtige Band für mich. Deren Songs liefen sogar auf meiner Hochzeit. Und es hat mich unheimlich gefreut, dass das geklappt hat. Fazit: Selbst wenn diese Platte kein Geld einbringen sollte: Ich habe mir einen Herzenswunsch erfüllt. Und um den ranken sich so viele tolle Geschichten.

Zum Beispiel?

Olejnik: Vom Ritchie etwa. Er kam vom Taubertal-Festival direkt ins Studio. Tags zuvor hatte er mit den Hosen da gespielt, war von Wespen gestochen worden – und hatte darauf allergisch reagiert. Er sah schlimm aus. Und ich sagte zu ihm: „Vom, lass‘ das erstmal bleiben. Kuriere Dich erstmal aus.“ Aber er zog es durch. Wie ein Profi.

Wie ziehen Sie selber das denn durch mit dem Songschreiben?

Olejnik: Meine Lieder entstehen am Badewannenrand.

Wie bitte?

Olejnik: Ja. Ich habe ein großes Badezimmer mit einer unfassbar guten Akustik. Ich schnappe mir meine Akustikgitarre, nehme auf dem Handy die Ideen auf – und setze sie später um. Beziehungsweise setze sie gemeinsam mit meiner Live-Band um. Das sind Profimusiker, die mitunter dieses absolute Gehör haben. Meine Violinistin beispielsweise hört einmal kurz ein paar Töne – und spielt sofort weiter. Da ist unfassbar.

Live können Sie ihre Stücke nun wohl erstmal nicht präsentieren. Wie sehr bedauern Sie das und gibt es alternative Pläne?

Olejnik: Wir planen eine Tour durch kleine Läden beziehungsweise kleine Konzerte unter freiem Himmel mit wenigen Gästen. Aber Sie haben recht: Das ist letztlich wirklich traurig. Denn: Ursprünglich wollten wir schon im März zu diesem Album eine Weltrekordtour spielen – passend zu der Vielzahl an Musikern auf dem Album. Das hatten wir intensiv geplant: in 48 Stunden zwölf Konzerte in zwölf europäischen Ländern. Wir hätten erst in Belgien und Luxemburg, dann im Saarland bei einem Festival, in Frankreich, in Liechtenstein, der Schweiz, in San Marino, in Monaco, in Andorra und in einem Club in Rom  gespielt. Hinterher noch in Tschechien und Polen. Wir wollten zwei Tage durch Europa fahren, uns beim Fahren abwechseln – und überall ein paar Songs präsentieren. Wir hatten sogar einen Techniker am Start gehabt, der jederzeit Schäden am Auto hätte beheben können. Aber als dann die ersten Grenzen dichtgemacht haben, war es das. Naja: Wir werden es eventuell im Mai 2021 nochmal versuchen. Mit 15 Ländern. Wir wollen dann noch Skandinavien dazunehmen (lacht).

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