Roman-Präsentation im Heine-Institut Als in der Eifel eine Virusepidemie ausbrach

Düsseldorf · Steffen Kopetzky hat einen Roman über den Ausbruch der Pocken 1962 in der Eifel geschrieben. Im Heine-Institut stellt er ihn vor.

 In seinem Buch „Monschau“ erzählt Schriftsteller Steffen Kopetzky vieles, das man aus der aktuellen Corona-Krise kennt.

In seinem Buch „Monschau“ erzählt Schriftsteller Steffen Kopetzky vieles, das man aus der aktuellen Corona-Krise kennt.

Foto: © 2019 marc reimann/Marc Reimann

Das ist die Geschichte einer lebensgefährlichen Virusepidemie. Die mitten im Karneval ausbricht. Ein Virus mit hoher Ansteckungsgefahr, das jeden zum Gefährder macht und jeden zum Gefährdeten. Das Angst und Schrecken verbreitet. Grenzen werden geschlossen, Quarantäne wird verordnet. Es ist das Jahr 1962. Wir befinden uns in Monschau. Und mitten im neuen, gleichnamigen Roman von Steffen Kopetzky.

Was für ein gegenwärtiges Buch das ist, dessen Handlungskern der Autor nicht einmal erfunden hat! Kopetzky hat den Ausbruch des Pockenvirus in der Nordeifel zum Anlass genommen, eine gespenstisch anmutende Parallele zu unserer Zeit und unserer Bedrohung zu zeichnen. Und so vieles scheinen wir zu erkennen und wiederzufinden – im eigenen Verhalten und dem der Verantwortlichen.

Im Mittelpunkt stehen
die Rither-Werke

Fast scheint es, als existierten durch die Zeiten hinweg immer dieselben Konstanten, wie uns Kopetzky sagt: „Erst versucht die Politik, den Ausbruch der Krankheit zu verharmlosen, dann will man das eigene Fehlverhalten verbergen und ringt mit den Ärzten um die Härte der Maßnahmen. Schließlich geschieht das, was die Wissenschaftler von Anfang an gesagt haben.“

Er wähle seine historischen Stoffe stets mit der Absicht aus, der eigenen Gegenwart einen Spiegel entgegenzuhalten, in dem sie sich reflektieren kann, sagt der 1971 in Pfaffenhofen geborene und dort auch lebende Autor. Dabei ist nach seinen Worten immer auch klar: „Geschichte wiederholt sich nicht, aber man kann trotzdem viel aus ihr Lernen.“

Im Mittelpunkt: Die Rither-Werke, der größte Arbeitgeber im Kreis Monschau. Das Geschäft brummt im Wirtschaftswunderland. Einen Großauftrag gilt es in Tag- und Nachtschichten fristgerecht zu erfüllen. Den Betrieb in dieser Lage wegen vereinzelter Pockenfälle mit dem trügerisch lieblichen Namen „Variola“ einfach zu schließen, wäre für die Betriebsleitung schlichtweg Wahnsinn, jedenfalls wirtschaftlich. Im Kampf gegen eine solche Blindheit tritt – übrigens als einziger mit seinem Klarnamen – der Düsseldorfer Dermatologe Günter Stüttgen an.

Stüttgen erscheint als Arzt
und Wehrmachtsoffizier

Den hat Kopetzky so genau wie nur eben möglich wiedergegeben, und er kannte ihn schon vor diesem Roman recht gut. Im Vorgängerbuch „Propaganda“ begegnen wir Stüttgen nämlich als Arzt und Wehrmachtsoffizier, wie er mitten in der grausamen Schlacht im Eifeler Hürtgenwald eigenmächtig eine Waffenruhe ausruft, um die Verwundeten beider Armeen verarzten zu können. „Monschau“ ist nun nicht die Fortsetzung von „Propaganda“, sondern eher Teil einer Verschränkung von Erzählstoffen. Beide Romane funktionierten unabhängig voneinander, „aber miteinander ergeben sie ein recht vielschichtiges Gesamtbild“, so Kopetzky.

Es gibt in dem Buch auch eine dezente Liebesgeschichte, und als man sich auf die Suche nach einem geeigneten Buchcover begab, entschied man sich für genau diese Episode – und stieß dabei auf eine andere, diesmal in Düsseldorf spielende Geschichte. Und die geht so: Eine Agentur lieferte also das Coverbild eines jungen verliebten Paares, das der bekannte Magnum-Fotograf Leonart Freed aus Brooklyn bei einer Deutschlandreise just im Jahr 1962 geschossen hatte. Es zeigte ein junges Paar in Düsseldorf. Als man nach den abgebildeten Personen suchte (um sie um Erlaubnis für den Abdruck auf dem Buchdeckel zu bitten), stieß man auf Ruth und Herbert Rubinstein, prominente Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Beide willigten sofort ein. Ob auch das eine Geschichte sein könnte oder gar ein Roman? Steffen Kopetzkys Antwort darauf ist wenig ausweichend: „Da bin ich mir ziemlich sicher. Das Leben schreibt grundsätzlich die besten Geschichten.“

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