Fotokunst Mona Schulzek ist mit abstrakten Teppichmustern auf Erfolgskurs

Düsseldorf · Die 27-jährige Studentin der Kunstakademie erhielt das begehrte Max-Ernst-Stipendium und bereitet die erste Museumsausstellung vor.

 „Ottomane“ nennt Mona Schulzek ihre preisgekrönte Fotoarbeit, die sie im Max Ernst Museum zeigen wird. 

„Ottomane“ nennt Mona Schulzek ihre preisgekrönte Fotoarbeit, die sie im Max Ernst Museum zeigen wird. 

Foto: Mona Schulzek

Mona Schulzek studiert erst im zweiten Semester bei Gregor Schneider an der Kunstakademie, aber sie gewann schon das Max Ernst Stipendium, erhält 10 000 Euro als Preisgeld und eine Ausstellung im Max-Ernst-Museum in Brühl, die am 3. April eröffnet wird. Im Gespräch erklärt sie sofort: „Ich bin Konzeptkünstlerin. Ich gebe mir klare Regeln. Meine Atelierarbeit besteht im Lesen und Skizzieren. Sobald ich eine Vision habe, stelle ich mir meine eigene Handlungsanweisung auf und setzte die Vision um.“ Bei ihrer preisgekrönten Arbeit für Brühl hat sie fünf Räume mit unterschiedlichen Orientteppichen von oben bis unten bedeckt und dann fotografiert.

„Ottomane“ nennt sie die Serie. So bezeichnete Sigmund Freud seine berühmte Couch mit den vielen Orientteppichen. Auf diesem dekorativen Sofa mussten die Patienten Platz nehmen und die Ornamente deuten. In der bildenden Kunst geht es den Betrachtern ja zeitweilig ähnlich, wenn sie aus abstrakten Kompositionen verborgene Geschichten entdecken sollen.

Wie die Psycho-Couch von Freud zum neuen Bildmotiv wurde

Mona Schulzek stapelte aber nicht nur eine Couch mit alten Orientteppichen, sondern gleich fünf ganze Räume. Die Fotos zeigen die Ergebnisse ihrer Überredungskunst bei einem Kölner Teppichhändler.  Der ging nämlich auf ihren Wunsch ein  und überließ ihr seine Verkaufsräume und sein Teppichlager. Daraufhin verhüllte sie alle Wände, Decken und Boden, indem sie die kostbare Knüpfware mit den abstrakten Ornamenten bedeckte und befestigte. Das Ergebnis ist eine Fülle farbenfroher, schöner Muster, während der eigentliche Raum in all den Verschachtelungen verborgen bleibt. Es gibt keinen Fixpunkt und keinen Ruhepunkt. Der Blick wandert von einer Stelle zur anderen. Der Jury teilte Mona Schulzek lediglich mit, dass es ihr um die „Schnittstelle zwischen Bildhauerei und Fotografie“ gehe. Die Jury lobte daraufhin das Changieren zwischen Fiktion und Realität.

Schulzek ist keine blutjunge Anfängerin. Sie hat schon ein volles Studium an der europaweit einzigen Hochschule für nachhaltiges Design (Köln) im Fachbereich Fotografie hinter sich und 2017 ihr Diplom beim Künstler Thomas Zika absolviert. Wie damals in Köln geht es ihr auch jetzt in Düsseldorf um Konzepte oder „Aufgaben“, die erfüllt werden müssen. Sie sagt daher heute: „Mein Medium sind eigentlich meine Gedanken. Erst ist die Idee da, und dann frage ich mich, wie ich sie umsetzen kann“

Noch an der privaten Hochschule für nachhaltiges Design, der Ecosign in Köln, arbeitete sie mit der Leere und konstruierte einen „Vakuumraum“, bei dem sie das Scheitern gleich mit einkalkulierte. Das Wasser siedete nämlich nicht, weil der Luftdruck nicht sank. Und die Mäuse drehten weiterhin ihre Kreise. Ein Kunstwerk also über das Scheitern.

Nach dem Diplom fing sie noch einmal von vorn im Orientierungs-Bereich der Kunstakademie an, wo sie sich von ihrem „festgefahrenen Raumbegriff“ befreite, wie sie es nennt. Sie suchte aber auch beizeiten die Nähe zu Gregor Schneider, der sie denn auch zu den ersten fünf Kolloquien einlud, bevor er sie in seine Klasse nahm. Denn diesem Künstler, der sich wie kein anderer mit dem Raum befasst, fühlte sie sich gedanklich verbunden.

Einen öffentlichen SB-Sauger auf Kleingeld untersucht

Der Staubsauger lässt sie derzeit nicht los. Ihre Arbeit für den Rundgang besteht aus einem ausgedienten SB-Sauger aus einer öffentlichen Waschanlage. Benutzt man so ein Gerät, um den Innenraum eines Autos wieder topfit zu machen, so gelangen neben Staub und Dreck versehentlich auch Objekte in den Sog des Saugers. Dazu zählt besonders häufig Kleingeld, das sich in den Ablagen oder zwischen den Ritzen der Sitze befindet. Der jungen Künstlerin passierte das häufig.

Sie beschloss daraufhin, gefüllte Staubsaugerbeutel zu sammeln und zu untersuchen. Die Geschäftsleitung einer Waschanlage erlaubte ihr, wöchentlich die prallen Beutel abzuholen und zu sezieren. Sie registrierte, wie viele Münzen und Scheine es wurden. Und als sie den Gegenwert von 60 Euro zusammen hatte, kaufte sie sich eine gebrauchte Saugmaschine und funktionierte sie um. Die Besucher müssen 50 Cent einwerfen und können anschließend fünf Minuten lang auf einem Display lesen, wie Mona Schulzek zu dieser Arbeit gekommen ist. Fünf Minuten beträgt übrigens auch die Saugzeit eines Staubsaugers in einer Waschanlage.

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