Möbelkünstler mit Botschaft

Claus Föttinger macht Kunst mit Lampenschirmen. Seine Werke sind zurzeit in der Galerie Sies und Höke zu sehen.

Düsseldorf. Claus Föttinger (50) hat lange gebraucht, bis er in der internationalen Szene angekommen ist. Er war Assistent von Werbefotografen, Bühnenmaler, Meisterschüler von Alfonso Hüppi in Düsseldorf und Mitbegründer des Kunstvereins WP 8 am Worringer Platz. Bekannt aber wurde er mit Bars, Lampen, Tischen und Stühlen, um die sich heute Museen und Sammler reißen. Zur Vernissage in der Galerie Sies und Höke war das größte Objekt, „Reis-Pille“, für 25 000 Euro, sofort verkauft.

Föttinger ist ein außergewöhnlicher Fotograf. Seine Reis-Terrassen aus Indonesien nehmen es in den Strukturen, Farbabstufungen und Staffelungen mit Arbeiten von Freunden wie Andreas Gursky auf. Der Mann mit der Profi-Kamera sieht sich allerdings eher als Bildhauer, der seine Kunst unter unbequeme Themen stellt. Lichtkörper zeigen Gefängniszellen in Kambodscha, Hochhäuser ohne Himmel und Dönerbuden neben Kriegsschauplätzen. Dennoch wirken seine Hochglanz-Objekte poppig wie Fabergé-Eier, denn er näht die laminierten Fotos zusammen und beleuchtet sie mit heimeligen Tageslicht-Leuchtstoffröhren.

Seine Variante zu Caspar David Friedrich ist der Vulkan Kawah Ijen, aus dessen Krater Taglöhner blanken Schwefel an die Erdoberfläche schleppen. Föttinger fotografierte Vulkanwolke und Steinmassiv. Er belebte die Szene mit einem Arbeiter im verträumten Nebel. Eine tödliche Romantik, denn der Mann im Gegenlicht ist rettungslos zwischen den Giften verloren. Die Motive druckte Föttinger anschließend auf einen Lichtkasten.

Berühmt wurden seine Tischlampen vom Trödelmarkt, die er mit Bildern zur Luftverschmutzung in Hanoi und Saigon versah: Auf Omas Lampenständern werden Mädchen sichtbar. Sie haben einen Gesichtsschutz vor Nase und Mund, der keinen Unterschied mehr zwischen modischem Accessoire oder religiösem Schleier macht.

Begonnen hatte Föttinger in den 90er Jahren mit der Ausstattung von Bars, denen er die pure Ironie an die Wände malte, etwa „Männerphantasien“, erotische „Jagdszenen“ und doppeldeutige Zitate aus Filmen der Nazigröße Leni Riefenstahl. Die jüngste „Benzin-Bar“ enthält Tankstellen-Motive aus Kambodscha, in denen Benzin in Cola- oder Whiskeyflaschen neben Lebensmitteln steht. Immer geht es um Bildstörungen. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Kunst, sozialer Skulptur und Lebensgefühl.

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