Preisverleihung Düsseldorfer Menschenrechtspreis: Kraftvolles Konzert für „Praxen ohne Grenzen“

Düsseldorf · Beim Menschenrechtskonzert in der Tonhalle wurden der Initiative 10 000 Euro überreicht.

 Dirigent Adam Fischer (vorne rechts) hat am Sonntag den Menschenrechtspreis in der Tonhalle verliehen. Preisträger ist der Arzt Uwe Denker, der die erste „Praxis ohne Grenzen“ Deutschlands gegründet hat.

Dirigent Adam Fischer (vorne rechts) hat am Sonntag den Menschenrechtspreis in der Tonhalle verliehen. Preisträger ist der Arzt Uwe Denker, der die erste „Praxis ohne Grenzen“ Deutschlands gegründet hat.

Foto: Susanne Diesner

Gut besucht – OB Geisel und Kulturdezernent Lohe inklusive – war die Tonhalle Sonntagmorgen zum Menschenrechtskonzert mit Brahms und Haydn. Die Symphoniker und der Musikverein waren an ihren Plätzen, bevor Adam Fischer aufs Dirigentenpult eilte. Zunächst trat der bald 70-jährige Maestro ans Rednerpult, sprach nicht über sein Metier, die Musik, sondern hielt eine Laudatio auf Uwe Denker und seine bundesweit agierende Initiative „Praxis ohne Grenzen“. Sie lebt ausschließlich von Spenden, betreut nicht nur Migranten und Asylbewerber, sondern überwiegend deutsche Freiberufler, die ihre Krankenversicherung nicht (mehr) bezahlen können.

Erst als Fischers Frau kürzlich eine Spende an die Organisation überwies, habe er davon erfahren, sagt er. Seine Überzeugung: „Gesundheit ist auch ein Menschenrecht.“ Dann überreichte der Principal Conductor dem norddeutschen Mediziner Uwe Denker aus Bad Segeberg und seinen Mitstreitern den Menschenrechtspreis der Düsseldorfer Tonhalle 2019. Mit 10 000 Euro dotiert, finanziert vom Tonhallen-Freundeskreis, 2016 von Fischer ins Leben gerufen und seitdem in einem Festkonzert verliehen. Das sei vielleicht „ein Tropfen auf den heißen Stein“, räumt Fischer ein, aber nicht mehr dann, wenn Denkers Beispiel Schule mache.

Dankbarkeit und Freude waren Uwe Denker ins Gesicht geschrieben über „die festliche Atmosphäre und ein so gutes Orchester.“ Das sei eine große Ehre für ihn und seine Mediziner- und Pfleger-Kollegen. „Wir sind alle Ruheständler (pensioniert oder in Rente) und arbeiten ehrenamtlich“, so der Allgemein-Mediziner und Kinderarzt. Und sie behandeln Patienten, die ihre Kassenbeiträge nicht mehr zahlen können und damit durchs soziale Netz zu fallen drohen. Mehr 500 000 Menschen, viele davon aus dem Mittelstand, seien in Deutschland davon betroffen. „Durch Spenden können auch lebensnotwendige Operationen durchgeführt werden, in Kliniken, die uns ebenfalls unterstützen“. Zur Information: „Praxis ohne Grenzen“ ist bisher in zehn Städten vertreten, in NRW nur in Solingen und Remscheid.

Sozial engagiert, beherzt, aber auch kämpferisch gibt sich der 80-jährige Denker. Künftig will er verstärkt die Politik angehen, sagt er, will nicht klein beigeben, weil auch viele Kinder nicht versichert seien. Eine Grundversicherung für jeden strebt sein Netzwerk an. „Wir werden aggressiver“, droht er freundlich. Und erntet lautstarken Applaus, auch von der Bundestagsabgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Zu Denkers drohenden Worten in Richtung Politik passt dann Haydns Chorkantate „Der Sturm“, in der der Chor „Hört die Winde furchtbar heulen“ besingt, und am Ende ruft „Sanfte Ruhe, O komm doch wieder“. Die Sänger des Musikvereins zeigen sich stimmlich, trotz Sonntagmorgen, in recht guter Verfassung.

Fischer, der in den Symphoniekonzerten meist nur Mahler und Haydn-Werke dirigiert, beweist: Er kann auch Brahms. In dessen erster Symphonie entlockt er den Symphonikern einen romantischen Sound, setzt auf dramatische Zuspitzung und Pathos, balancierte Dynamik und langsam steigendes Tempo. In den langsamen Passagen glühen die Streicher, besonders die Violinen verzaubern durch einen schlanken, schwärmerisch singenden Ton. Ebenso sind die Soli von Flöte und Oboe ein wahrer Ohrenschmaus. Robustes Mandat indes dominiert bei den Blechbläsern, von denen manche Ungenauigkeiten zu vernehmen sind. Schade, dass ausgerechnet an den schönsten Stellen die Hörner wackeln. Da hilft auch nicht, dass sie danach bei Fanfaren-Tönen so richtig breit aufdrehen, beinahe scheppern. Egal, insgesamt bleibt Brahms nicht auf der Strecke und war ein würdiger Rahmen für die Verleihung eines Preises, den es ohne Adam Fischers Engagement nicht geben würde.

Nebenbei: Düsseldorf gehört nicht zum Netzwerk. Noch nicht. Spenden sind willkommen. Mehr unter

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