Kultur Martin Schröder und die Seele der Klaviere

Düsseldorf · Der Klavierbaumeister feiert silbernes Meisterjubiläum. Guter Anlass mit ihm über die Geheimnisse seines Handwerks zu sprechen.

 Klavierbaumeister Martin Schröder beim Stimmen eines Klaviers. 

Klavierbaumeister Martin Schröder beim Stimmen eines Klaviers. 

Foto: Klavierhaus Schröder

Klaviere, Pianos, Flügel oder Pianinos – es herrscht hier bisweilen gewisse Begriffsverwirrung – sind kunstvolle Meisterwerke mit ganz eigenem Charakter. Viele von den älteren Instrumenten haben eine ganz eigene Lebensgeschichte, haben Höhen und Tiefen erlebt. Allerdings braucht es nicht nur bei der Herstellung dieser Instrumente fachkundige Meister, die bis in die Seele des Instrumentes vorzudringen vermögen, sondern auch später, bei der Reparatur und der „Pflege“, wenn man so möchte. Der in Düsseldorf ansässige Klavierbaumeister Martin Schröder feiert zurzeit sein silbernes Meisterjubiläum – ein guter Anlass, ihn und sein Handwerk vorzustellen.

Klavierbaumeister wie Schröder müssen nicht nur entsprechendes handwerkliches Geschick mitbringen, sie müssen auch ein Gespür für Klang und Ästhetik haben. Indes geht es hierbei heute zumeist eher um die inneren Werte von Klavieren – diese sind ja auch die, die zählen –, denn die Gehäuse werden heutzutage zumeist von spezialisierten Schreinern hergestellt.

Schröder setzt auf eine „Gläserne Werkstatt“

Im Klavierhaus Schröder stehen die unterschiedlichsten Instrumente, alte, junge, große und kleine. Dabei lassen sich wahre Schätze finden oder auch hässliche Frösche, die noch zum Prinzen geküsst werden müssen. Am hinteren Ende des großen Verkaufraumes ist ein großes Fenster angebracht und bietet Einblick in die geräumige „gläserne“ Werkstatt. Unzählige Werkzeuge hängen dort an den Wänden, bis auf das Gerippe sezierte Klaviere warten auf ihre Aufarbeitung, es herrscht ruhiges konzentriertes Treiben. Und diese Werkstatt ist auch das unumstößliche Herz dieses Familienbetriebes, das sich in erster Linie als Werkstatt sieht, das zudem auch noch Klaviere verkauft.

„Gläserne Werkstatt bedeutet nicht nur, dass die Mitarbeiter herausschauen können, sondern unsere Kunden sollen hineinblicken können“, sagt Schröder. Und dies kann emblematisch für das offene Verhältnis stehen, das Schröder und seine Frau gegenüber ihren Kunden zu pflegen scheinen. Es wird alles ganz genau erklärt, von problematischen Entscheidungen auch mal abgeraten und dies alles zum Besten der Instrumente. „Man macht ein Klavier gut in der Einstellung und dann sollte alles funktionieren. Bei der Tastenschwere kann ich ein bisschen auf die Wünsche eingehen“, erklärt Schröder. Er verlässt sich hierbei ganz auf sein Gefühl. Wichtig sei, die Möglichkeiten des Instrumentes zu erspüren und diese optimal zur Entfaltung zu bringen, beschreibt er und verweist darauf, dass er persönlich ein begeisterter Verfechter von engen Regulationswerten sei. Dies helfe dem Pianisten, erläutert er an einem halb offengelegtem Instrument. Dabei geht es um die präzise Bestimmung von Abständen in der Mechanik des Klaviers. Denn es ist durchaus entscheidend für das Klang- und Spielgefühl, welche Positionen die Hämmerchen bei verschiedenen Stationen ihres Weges zur Saite einnehmen. Oder welche Eigenschaften der Filz hat, mit dem die Hämmerchen umspannt sind.

„Ich erwarte von jedem Klavier Gesang, sowohl ganz leise als auch ganz laut“, fasst er sein Klangideal zusammen. Doch dabei ist stets seine Devise, die Arbeiten an einem Klavier von A bis Z durchzuarbeiten, keine Arbeitsschritte einzusparen, erläutert er. Diese Arbeiten lassen sich nur in einer entsprechend ausgerüsteten Meisterwerkstatt ausführen, die indes leider vor Ort immer seltener werden. Wenn man mit Martin Schröder einen kleinen Rundgang durch den Verkaufsraum macht, spürt man in jedem Moment, dass er die Instrumente kennt wie eigene Kinder. Über jeden Klang kann er etwas erzählen, kann Besonderheiten beschreiben und Unterschiede deutlich machen. Diese Fachkenntnis gibt er auch weiter; Schröders bilden aus. Was macht die Faszination dieses Berufs aus? „Wenn man eine Reparatur eines Klaviers macht, hat man eine sehr ganzheitliche Arbeit“, sagt Schröder, nach 48 Jahren Berufserfahrung.

Wie er seinerzeit auf die Idee kam, diesen Beruf zu erlernen? „Es war wohl Zufall oder vielleicht auch Schicksal, ich weiß es nicht.“ Schröder ist in Wuppertal geboren und nahm als junger Mensch an einer Führung in der Firma Ibach in Schwelm teil – übrigens der älteste heute noch produzierende Klavierhersteller der Welt.

Seine Begeisterung war ihm offensichtlich anzusehen und Herr Ibach persönlich fragte den jungen Mann, ob er sich denn vorstellen könnte, Klavierbauer zu werden. Schröder sagte Ja und somit war sein beruflicher Weg vorbestimmt. Dies war 1971. Seit 1981 war er selbständig – in einer kleinen Hinterhofwerkstatt. Er dachte zwar immer, man müsse nur gut arbeiten und dazu brauche es doch den Meistertitel nicht unbedingt, verrät er uns, doch irgendwann entschied er sich doch, diesen Schritt zu tun. Um Einschränkungen, die es damals gab, zu entgehen, die das Fehlen eines Meistertitels mit sich brachte.

Nun ist er im 25. Jahr Meister und die Begeisterung für seinen Beruf hat kein bisschen nachgelassen, zumindest spürt man das, wenn man ihm zuhört. Etwa wenn er aus ganzem Herzen die Vorzüge von „echten“ Klavieren gegenüber den E-Pianos verteidigt, wenngleich sich von letzteren auch wenige im Verkaufsraum finden. Dies liegt nur daran, dass er zu oft Kunden, die so etwas suchten, wegschicken musste.

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