Festival in Düsseldorf „Lieblingsplatte“: Sieben Bands, acht Tage

Miguel Passarge vom Zakk organisiert ein Festival vom 10. bis 17. Dezember mit Künstlern aus Deutschland.

Festival in Düsseldorf: „Lieblingsplatte“: Sieben Bands, acht Tage
Foto: Julia Hoppen

Düsseldorf. Würde irgendjemand so richtig möchtegernmodern und ätzend sein wollen, dann könnte er Miguel Passarge durchaus Antiquiertheit vorwerfen. Denn was zählt heutzutage noch ein ganzes Album? Ein Tonträger, auf dem ein Dutzend Songs in gewollter Dramaturgie aneinanderreiht wurden? Wer heute Musik hört, der konsumiert vor allem Stücke, die einzeln im Netz stehen und flugs heruntergeladen werden können. Ein guter Song als schneller Kick. Danach wird weitergedrückt. Eine Platte durchhören? Dauert zu lange. Ist zu anstrengend.

Und dann kommt eben jener Passarge, Programmchef des Zakk, daher und setzt dem Anachronismus Album gleich mit einem Festival von Konzerten ein Denkmal. „Lieblingsplatte“ bringt binnen acht Tage, vom 10. bis zum 17. Dezember, sieben Bands respektive Künstler aus Deutschland auf die Bühne, die jeweils einen Abend lang eines ihrer bahnbrechenden und die Musikwelt vor allem hierzulande prägenden Alben in ganzer Länger live präsentieren.

Diesen Wunsch habe er schon lange gehegt, sagt Passarge. Weil er all diese Alben liebe und selber in irgendeiner Form daheim stehen habe. Bislang sei dessen Erfüllung jedoch stets an der „wahnsinnig aufwendigen“ Logistik und am Finanziellen, also an der Gemengelage aus Flugtickets, Bahntickets, Hotelübernachtungen, Gagen, Terminunmöglichkeiten gescheitert. In diesem Jahr aber habe er — gleichwohl ohne Zahlen nennen zu wollen — „das nötige Klein- und Handgeld“ zur Verfügung gehabt und es gewagt.

Was bedeutet: Passarge schnappte sich den Telefonhörer, rief Künstler und Agenturen an, von denen sich in seinem nachweislich hervorragenden Netzwerk Unmengen tummeln. Und beschert Düsseldorf nun sieben herrlich antiquierte Abende, die die Würde der Popmusik abseits des Mainstreams und die Erhabenheit jener Kunst, die der Popmusik innewohnen kann, retten.

Mit dabei sind zum Beispiel die Goldenen Zitronen aus Hamburg (13.12.), die einst als spröde, durchgeknallte Rocker angefangen hatten, einen radikalen Kurswechsel vollzogen und schließlich zu den Avantgardepunks der Republik wurden. Sie spielen ihre Platte „Lenin“, die 2006 den Höhepunkt dieser Entwicklung bildete, und suchten sich diese LP nach Passarges Auskunft sogar selber zur Aufführung aus.

Bei den Indierockern The Notwist (12.12.) und ihrem Album „Neon Golden“, das ab 2002 in der Indierockszene beinahe bibelgleich verehrt wurde, beim Rapper Torch (15.12.) und „Blauer Samt“ (2000), bei den Berlinern Mutter (16.12., „Hauptsache Musik“ von 1994) sowie bei den Hip-Hoppern ASD (17.12., „Wer hätte das gedacht?“ von 2003) habe er dagegen selber die entsprechenden Plattenwünsche geäußert, sagt Passarge. Und bei den Düsseldorfer Ikonen Fehlfarben und Michael Rother habe die Sache doch ohnehin auf der Hand gelegen:

Für Rother sei „Flammende Herzen“, für die Fehlfarben „Monarchie und Alltag“ das, was für die Beatles „Sgt. Pepper’s“ war - das Opus Magnum. Peter Hein und seine verstreuten Mitmusiker kommen aus allen Teilen Europas zusammen, proben vorher noch zwei Tage lang im Zakk und bestreiten dann am 10. Dezember den (bereits ausverkauften) Auftakt des Festivals.

Rother wiederum, der am 14. Dezember auftritt, habe erstmal in seinem Archiv suchen müssen, ob er die alten Aufnahmen seiner Platte, die er als Live-Vorlage verwenden will, überhaupt noch besitze“, erzählt Passarge. Was „Lieblingsplatten“ abseits dieser tollen Musik wirklich einmalig macht, das ist der Schulterschluss zwischen dem Zakk und den auftretenden Musikern: „Alle Künstler werden diese Art des Konzertes nur einmal spielen. Bei uns.“ Jeder Auftritt ist eine Ausnahme von der Regel. „Ich weiß, dass jeder, der kommt, lange und hart proben musste, um das so hinzukriegen“, sagt Passarge.

Trotzdem hätten (fast) alle, die er anfragte, sofort zugesagt. „Und alle waren sofort begeistert.“ Was zumindest im Falle der Fehlfarben doch verwundert. Schließlich gilt Frontmann Hein als Mischung aus Dickkopf, Querkopf und Künstler mit sehr eigenem Kreativkopf, der sich derlei Klassiker-Eskapaden eher verweigert. Zudem haben die Konzerte noch ein weiteres Schmankerl für die Fans parat: „Jede Band wird erst ihr Album spielen, dann eine Pause machen - und dann noch einmal für einen zweiten Teil mit anderen Songs auf die Bühne zurückkehren.“ Passarge ist also ein Coup gelungen. Einer, den er gerne wiederholen möchte in den kommenden Jahren. „Aber dann“, sagt er, „brauchen wir die Hilfe von Sponsoren. Definitiv.“ Er sei schon auf der Suche. Und wer den Chef des Zakk kennt, der weiß: Das könnte was werden.

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