Lesung mit Charlotte Roche: Ein Abend für robuste Mägen

Charlotte Roche rezitierte aus ihren „Schoßgebeten“. Über die traurigen Partien in ihrem Roman wollte sie nicht sprechen.

Düsseldorf. „Wenn andere aus meinem Buch vorlesen, wird mir schlecht“. Solange die 33-jährige Charlotte Roche selbst das eigene Werk rezitiert — so wie am Sonntagabend im Savoy ihre jüngst erschienenen „Schoßgebete“ — ist alles in Ordnung. Aus fremdem Munde dagegen erscheinen ihr aber die Worte so „ekelig“ ausgesprochen, das könne sie nun gar nicht aushalten.

Die Menschen, die zum Anlass des Roche’schen Vortrags das Savoy-Theater zu gut drei Vierteln füllen, scheinen ebenfalls nicht nur robuste Mägen zu haben, sie zeigen sich sogar bestens unterhalten. Die expliziten Schilderungen sehr aktiver Ausgestaltungen des ehelichen Zusammenseins zwischen der Hauptfigur Elisabeth Kiel und ihrem Ehemann werden im Saal von Gekicher, mitunter auch lautem Lachen begleitet.

Fast nach jedem Satz grinst auch Charlotte Roche breit, kommentiert und illustriert das Gesagte mit Handbewegungen und Geräuschen. Dabei haben ihre Geschichten nun wirklich keinen Bedarf an weiterer Klärung von Details. Wir lernen nebenbei noch etwas über ihre Begeisterung für die Leistengegend des Komikers Matze Knop oder die Sextipps, die sie von Sängerin Peaches einst bekam. Hier und dort stöhnt es im Publikum auch mal auf, wenn das Erzählte offensichtlich wieder mit Macht eine Vorstellungs- und Ekelgrenze über den Haufen fährt.

Diese Liebe zum ganz genauen Hinsehen, besonders dorthin, wo es weh tut oder keinen ’was angeht, lässt sich rückblickend bereits früh feststellen. Vor Jahren saß Charlotte Roche schon einmal im Savoy und las aus einer Doktorarbeit, die sich detailreich in Bild und Wort mit Verletzungen an des Mannes bestem Stück beschäftigte. Es kann also niemand behaupten, er hätte nicht gewusst, was hier an diesem Abend auf ihn zukomme.

Roche liest aus ihrem Buch somit auch zwei Sexszenen und erfüllt damit voll die an sie gestellten Erwartungen.

Dass das Buch aber zu weit größeren Teilen von etwas ganz anderem erzählt, nämlich schrecklichen Schicksalsschlägen, dem Tod und einer zerbrochenen Familie, bleibt außen vor. In der anschließenden Gesprächsrunde beantwortet sie die Frage nach den traurigen Teilen der Geschichte so: Die könne jeder lieber alleine lesen, sie veranstalte lieber lustige Lesungen.

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