Ausstellung Alfred Schmela holte die Avantgarde nach Düsseldorf

Düsseldorf · Die Kunstsammlung feiert posthum den 100. Geburtstag von Alfred Schmela mit einer kleinen, intimen Schau im Schmela-Haus.

Alfred Schmela, fotografiert vor seinem Haus an der Mutter-Ey-Straße 3.

Alfred Schmela, fotografiert vor seinem Haus an der Mutter-Ey-Straße 3.

Foto: Stadtarchiv Düsseldorf, Fotograf: Jügren Retzlaff

Wie eng und unpraktisch wirkt heute das Schmela-Haus an der Mutter-Ey-Straße. Aldo van Eyck hatte es als Galerie- und Wohnhaus geplant, aber wie eine Bastion errichtet. 1971 zog daher der berühmte Galerist Alfred Schmela (1918 bis 1980) mit seiner vierköpfigen Familie gar nicht erst ein. Die Küche diente lediglich zum Süppchen-Kochen für die Gäste, denn dieser Kunsthändler liebte es familiär. Auf den Tag genau zu seinem 100. Geburtstag wird dieser Pionier der Avantgarde und internationale Brückenbauer tüchtig gefeiert.

Susanne Gaensheimer von der Kunstsammlung NRW ist neuerdings stolz auf dieses erste Galeriehaus Deutschlands. Sie versucht lediglich in zähen Verhandlungen mit dem Land und dem BLB, die horrende Miete abzumildern. Sie hofft auf die Einsicht der Vermieter. Aber  aufgeben will sie den Standort nicht, denn das denkmalgeschützte Haus hat Kunstgeschichte geschrieben.

Die berühmten Steine von Beuys hievte ein Kran ins Souterrain

Mit seinen Materialien aus Bimsstein, Beton und Marmor war es ideal geeignet für die Nagelbilder von Günther Uecker oder die Werke von Joseph Beuys. Schmela war schon drei Jahre tot, als Beuys die Ausstellung “DasEndedes20.Jahrhunderts“ selbst aufbaute. Mühsam hievte ein Kran die tonnenschweren Steine ins Souterrain. Zum Glück dokumentierte Schmelas Schwiegersohn Andreas Brüning den Transport mit seiner Kamera.

Ich habe diesen legendären Galeristen noch miterlebt. Häufig tauchte er im Bademantel auf, mit dicken Strümpfen und langen Unterhosen bewaffnet. Doch wenn es sein musste, war er flott. Er konnte sich „kaputt lachen“, wenn er auf der Art Cologne aufkreuzte und den verdutzten Konkurrenten die Ware wegschnappte, um sie selbst zu „verkoofen“. Als der Kunstverein 1963 mit lauter Vips nach USA aufbrach, ließ er ein Gemälde von Roy Lichtenstein bei Castelli abspannen und einrollen, um es im Flugzeug über den großen Teich zu bringen und an seine treueste Sammlerin Fänn Schniewind zu verkaufen.

Das eigene Netzwerk aus
Künstlern und Galeristen

Sein „Riecher“ war bekannt, seine klare Diktion gleichfalls. Sein Verstand war glasklar. Die nebulöse Diktion heutiger Kunsthistoriker hätte ihn nur ein Achselzucken gekostet. Yves Klein, dessen Werk er im Atelier von Norbert Kricke entdeckte, fand er „jut“. Was machte es da, dass er von der Monochromie 1957 noch nichts gehört hatte. Fachzeitschriften und Internet gab es nicht. Das kam diesem genialen Händler gerade recht. Er baute sich sein eigenes Netzwerk auf, mit vielen Künstlerfreunden. Es reichte schließlich von Paris bis New York.

Er war ein Mann schneller Entschlüsse. Für ein Solo im Jahr 1976 des unbekannten Gordon Matta-Clark entschied er sich kurz vor seinem Rückflug nach Düsseldorf. Dieser Künstler kam ihm in seinen Ansichten über die Grundstücks-Spekulanten in Amerika sehr gelegt. Schon 1969 stand er selbst auf dem Standpunkt, Kunst sei eine spirituelle Sache und kein Spekulationsobjekt. Er legte denn auch keine eigene Sammlung an. Was er entdeckte, brachte er prompt an Sammler und Museumsleute.

Die erste Galerie Schmela an der Hunsrückenstraße war ein Handtuch. Hier hatten die Künstler des Nouveau Réalisme, die Gruppe Zero, Arman und Tapiès ihre Solo-Vorstellungen. Jörg Immendorff jobbte noch als Postbote, als er 1965 bei Alfred seinen Einstand hielt.

Susanne Gaensheimer lobt die Galerie als einen „zentralen Knotenpunkt im internationalen Kunstnetzwerk“. Was die Nachgeborenen erstaunt, ist die Tatsache, dass es den berühmten Futterneid heutiger Kunsthändler noch nicht gab. Ob Iris Clert bei Yves Klein in Paris oder Leo Castelli bei den Pop-Größen aus Amerika, sie alle halfen.

Die Künstler von damals ließen sich nicht nur bedienen, sondern machten mit. Berühmt sind die Zero-Leute, die keine Chance ausließen, um auf den Rheinwiesen oder vor den Galerieräumen zu feiern. Auch Beuys spielte mit. Berühmt ist, wie er in der schmalen Erstlings-Galerie an der Hunsrückenstraße im Schaufenster saß, das Gesicht mit Goldplättchen und Honig beschmiert, und dem Hasen die Kunst erklärte.

Kuratorin ist Schmelas
Enkeltochter Lena Brüning

Die kleine Schau wurde von Schmelas Enkeltochter Lena Brüning liebevoll mit Kunstwerken, Fotos, Briefen, Einladungskarten und Plakaten bestückt. Schwarzweiß-Aufnahmen dokumentieren, wie familiär es bei den Schmelas zuging. Ehefrau Monika kannte als ausgebildete Dolmetscherin vier Sprachen und half ihrem Mann bei seinen Kontakten. Beide sorgten dafür, dass aus dem verschlafenen Düsseldorf eine Kunstmetropole wurde.

Zu sehen sind auch Fotos von Skulpturen im Lantz’schen Park. Dabei bleibt der Vandalismus der Spießer unerwähnt. Mit Spazierstöcken und Steinen traktierten sie die hohe Kunst. Eine Großskulptur von Ronald Bladen diente gar als Rutsche.

Info: Bis 20.1.2019, freier Eintritt

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