Kunstakademie Düsseldorf: Ex-Studenten stellen aus Die Suche nach dem Paradies ist für Jung-Künstler weiterhin aktuell

Düsseldorf · Die Kunstsammlung NRW zeigt in einer klassischen Schau Werke von 77 Akademie-Absolventen im K21.

 Blick in die Ausstellung der Akademie-Absolventen, mit dem Matratzenlager von Tomas Kleiner und Marco Biermann im Vordergrund.

Blick in die Ausstellung der Akademie-Absolventen, mit dem Matratzenlager von Tomas Kleiner und Marco Biermann im Vordergrund.

Foto: Kunstsammlung NRW/Achim Kukulies

Alle 77 Akademie-Absolventen des letzten Jahres erhalten ihre museale Weihe im K21. Sie reagieren würdevoll, sehen ihre Kunst nicht als Auffangbecken für aktuelle Probleme an. Im Gegenteil, ihre Kunst wirkt geradezu zeitlos. Wer also Fragen zum Umweltschutz oder zur künstlichen Intelligenz gelöst haben will, muss sich andernorts umschauen. Die Worte von Rektor Karl-Heinz Petzinka, der Nachwuchs sei aufgerufen, „die Zukunft mitzugestalten, nach Kräften die großen Themen unserer Gesellschaft auch lösen zu wollen“, bleiben ungehört. Die Generation der 20- bis 30-Jährigen praktiziert Kunst, und die ist frei von gesellschaftspolitischen Aufgaben.

 Catherina Cramer zeigt in ihrer Lagerzelle ein Video vom alternativen Leben.

Catherina Cramer zeigt in ihrer Lagerzelle ein Video vom alternativen Leben.

Foto: Kunstsammlung NRW/Achim Kukulies

Diese Schau im Untergeschoss ist im Vergleich zum letzten Jahr ehrlicher. Man ließ den jungen Leuten offensichtlich mehr Freiheit. So darf Joscha Bender einen Koloss aus Gips aufstellen und sich dabei mit einem dicken Kiss zweier Riesen amüsieren, denn für eine ausgefeilte Arbeit aus Bronze fehlten die Materialkosten.

 In K21 ist das Ufo von Aylin Leclaire gestrandet. In einer Performance geht es um Aliens und Autisten.

In K21 ist das Ufo von Aylin Leclaire gestrandet. In einer Performance geht es um Aliens und Autisten.

Foto: Kunstsammlung NRW/Achim Kukulies

Für den Film von einer Idylle werden Polizei und DLRG bemüht

Im Foyer begrüßt ein Riesen-Ufo aus besprühter Bioplastik, das die Künstlerin Aylin Leclaire selbst aus Stärke, Glyzerin, Gelatine und Essig gekocht hat. Dem Titel entsprechend spuckt es „Autisten und Aliens“ aus. Auch das Matratzenlager von Marco Biermann und Tomas Kleiner ist gestrandet. Im Beamer schaukelt eine solche Matratze mitsamt Künstler im Hochwasser glücklich vor sich hin. Dem Duo geht es allerdings weniger um eine idyllische Freizeitgestaltung als um die Bürokratie, die überwunden werden muss, um diese Szene zu filmen. Wasserschutzpolizei und DLRG waren nötig, damit eine Drohne die schaukelnde Figur auf der Bundeswasserstraße filmen konnte. Die kleine Freiheit kostete viel Mühe.

Künstler wollen wie jedermann nicht nur auf dem Wasser schaukeln, sondern auch im Traumhaus leben. Das gaukelt ihnen  das Frauenkollektiv „Konstitutiv der Möglichkeiten“ vor. Ihr Haus ist bloße Fassade, ist auf der einen Seite Plattenbau und Legebatterie, auf der anderen Seite eine südländische Idylle mit Sonnenschirm und Paravent. Nichts ist echt. Niemand sollte sich unterm Sonnenschirm ausruhen, manches kommt leicht daher.

Dieser Rundgang der Absolventen demonstriert eine Maler-Akademie, ist doch eine neue Bildhauer-Professur erst jetzt besetzt. So begrüßt Laura Aberham mit tollkühnen Schwüngen, als lasse sie die Farben Gelb und Blau im Mixer rotieren. Lisa-Maria Feike verbrachte ihren Urlaub mit zwei Kommilitoninnen in der Gauchachschlucht. Nun sitzt sie im Bild auf einer hölzernen Treppe, neben sich zwei Freundinnen, vor sich einen Tümpel, in den ein Wasserfall wie ein Farbvorhang fällt. Das kleine Format lebt nicht nur von den spritzenden Wassertropfen, sondern von differenzierenden Grüntönen in der Idylle.

Diese Kunst hat nichts mit Umweltschutz, sondern mit Sehnsucht und mit Malerei zu tun. Vis à vis präsentiert Lukrezia Krämer eine Landschaft mit nichts als Luft und Wasser. Das Werk überholt die Romantik des William Turner durch ein imaginäres Licht. Im Kreidegrund fast untergetaucht ist die Ölfarbe, die dieses imaginäre Milieu zur Kunst des Scheins werden lässt. Hier zeigt sich ein Sinn für Schönheit, der in der rauen Wirklichkeit täglich verteidigt werden muss.

Es geschehen weitere Wunder, wenn Kai Borsutzky die Fotografie nicht mit weißen Museumshandschuhen anfasst, sondern mit der Wasserpistole und dem Kratzer. Eine neue Kraft scheint plötzlich in seinem Lichtkasten zu stecken.

Hakan Eren ist den Passanten auf der Schadowstraße ein Begriff, verdient er doch mit Luftballons und Jahrmarkts-Effekten sein Geld. In K21 ist er mit einem osmanischen Karussell dabei. Dazu passt Eliza Ballesteros Schellenmantel, der körperlos an Strippen hängt. Von einem ganz anderen Zauber ist Sabrina Straubs Arbeit. Sie lässt luftig-leichte Trittschalldämmung von der Decke baumeln und über einen Elektromotor auf- und absteigen.

Schattenspiele und Versuchsreihen für Chemikalien

In eine Ecke hat Lisa Klinger ihre Kunst verbannt. Mit dem Bleistift betreibt sie ihr Schattenspiel, als würden die präzise nebeneinander gesetzten Striche in eine Höhle führen. Und Anja Neumann beweist, dass man Chemie und Kunst vereinigen kann. Ihre Kupferplättchen begießt sie mit Kohlenstoff und erhält eine Versuchsreihe an Farben. Last not least sei Catherina Cramer erwähnt, die eine Zelle zum Einlagern von Möbeln in eine alternative Behausung verwandelt. Sie hat wie auch Hedda Schattanik & Roman Szcesny schon viele Preise eingeheimst.

Info: K21, Ständehausstraße 1, Titel „In Order of appearance“, bis 8. März, Dienstag bis Freitag 10-18, Samstag und Sonntag 11-18 Uhr

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