Düsseldorf Kunsthalle am Grabbeplatz: Ein halbes Jahrhundert Kunst-Klotz

Die Kunsthalle am Grabbeplatz wird 50 Jahre alt. Zu diesem Anlass lässt sich Kunsthallenchef Gregor Jansen eine ganze Ausstellung aus Gent liefern.

Düsseldorf: Kunsthalle am Grabbeplatz: Ein halbes Jahrhundert Kunst-Klotz
Foto: Katja Illner

Düsseldorf. Wie feiert ein Kulturinstitut den 50. Geburtstag, wenn es keine eigene Sammlung hat? Gregor Jansen von der Kunsthalle hatte Probleme, die Anfänge anno 1968 im Gebäude am Grabbeplatz zu dokumentieren. Er fand in Philippe van Cauteren, dem Direktor des S.M.A.K. in Gent, seinen Retter. Dort hatte nämlich Gründungsdirektor Jan Hoet 1980 nicht nur die „Kunst nach ‘68 in Europa“ Revue passieren lassen, sondern deren wichtigste Werke angekauft. Nun kann Jansen beruhigt zu „Wirtschaftswerte/Museumswerte“ bitten, denn sogar eine wichtige Installation von Joseph Beuys darf noch einmal die Reise an den Rhein antreten.

Mit der Studentenbewegung 1968, dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem digitalen Wandel hat sich die Welt in den letzten 50 Jahren radikal verändert. Die Kunst, einst Motor des Umbruchs, degradiert zum Prestige- und Spekulationsobjekt. Beuys setzte mit seinen drei Regalen voller DDR-Produkten schon 1980 ein Menetekel gegen Konsumrausch und sinnlose Verschwendung. In braunen Papiertüten, vom Künstler liebevoll signiert, befinden sich Grundnahrungsmittel wie geschälte, polierte, halbierte Speiseerbsen, Streichhölzer oder Reis. Vor den Regalen liegt ein Gipsklotz mit Butter, durch ein Kabel mit Strom verbunden, der die Butter im Laufe der Ausstellung aufzehren wird. An den Wänden hängen Bilder im goldenen Rahmen, die gemäß einer Order von Beuys mit der Ärmlichkeit seiner Objekte kontrastieren sollen. Das Museum am Ehrenhof entlieh eine „Weinprobe“ von Johann Peter Hasenclever, die eigentlich beweist, dass auch Hasenclever die Sitten und Gebräuche seiner Landsleute eher ironisch bis humoristisch betrachtete.

Ein Hingucker in der Ausstellung ist das Panoramabild der Künstlergruppe Art & Language, die „Picassos Guernica im Stil von Jackson Pollock“ präsentieren. In diese Aktionsmalerei frei nach dem Amerikaner schmuggelten sie Zitate aus dem berühmten Werk des Spaniers und lassen nun die Besucher raten, wer was gemacht hat.

Daniel Buren hatte in der Düsseldorfer Kunsthalle schon mit grünen und blauen Streifen gastiert. Diesmal entschied er sich für Orange, denn das korrespondiert mit einem Viereck über der Installation des Imi Knoebel. Knoebel hatte gleich nach der Wende 7000 Päckchen mit dem „Starkreiniger“ IMI gekauft, seinem Namensvetter. Die Päckchen, fein übereinandergelegt, zeigte er schon 1996 bei seiner Retrospektive am Grabbeplatz. 1975 hingen an diesem Ort sogar seine ersten weißen Bilder, die einige Kunstgänger so sehr erzürnten, dass sie ihr Eintrittsgeld wiederhaben wollten. Knoebel testet die Kunstgänger nun abermals, diesmal mit seinem ersten weißen Quadrat aus Studentenzeit.

Grandios ist die Präsentation der Arte Povera, mit Holzscheiten von Richard Long über Feuerspuren von Jannis Kounellis bis zum Gewürzfenster von Dieter Roth und den ersten Heftchen von Hans Peter Feldmann anno 1972. Von Christo stammt eine Verpackung aus dem Jahr 1969, deren Inhalt er bislang niemandem verraten hat.

Die Ausstellung schwingt im Seitenlichtsaal in den farbigen Plastikteilen von Tony Cragg und in bunten Porträts der Marilyn Monroe von Andy Warhol aus. An der Seitenwand erzählt Braco Dimitrijevic eine Geschichte von zwei Malern, zu denen der König kam, weil er seinen verlorenen Hund im Garten eines der Maler suchte und fand. Der König sah das Werk eines der Maler und holte ihn in sein Schloss. Es war Leonardo da Vinci. Der Name des anderen Künstlers verschwand aus dem menschlichen Bewusstsein. So ist das eben mit dem Leben wie mit der Kunst.

Die Ausstellung ist an vielen Stellen eher museal, aber ein Muss für alle Nachgeborenen. Man kann sich sogar auf Klappstühle unter Palmen von Marcel Broodthaers setzen und im Spiegel von Gerhard Richter sein Konterfei betrachten. Die Ausstellung läuft bis zum 18. Juni.

Campino: „Kunsthalle Düsseldorf — 50 Jahre Punkrock!“

Joseph Beuys, Norbert Kricke, 1967: „Wir schlagen den sofortigen Abriss des Musentempels vor — das Biest muß wieder weg.“

Sönke Wortmann, 2017: „Ist das Kunst — oder kann das weg? Herzlichen Glückwunsch Kunsthalle Düsseldorf“

Harald Schmidt, 2017: „50 Jahre Kunsthalle! Das klingt flockig, das klingt schwul, das klingt nach schönem Wetter.“

Carmen Knoebel, 2017: „Kunsthalle Düsseldorf — Du geliebte Betonfee.“

Dieter Nuhr, 2017: „Die Kunsthalle ist ein grober Klotz für feine Ästhetik, als Bau ein Statement, dass die Moderne erfolgreich überlebt hat und drinnen ein Ereignis! Bevor ich irgendwann sterbe, will ich da mal ausgestellt haben! Solange warte ich mit dem Ableben! Kann dauern.“

Rita McBride, 2017: „Immer wenn ich von der Akademie kommend den Grabbeplatz überquere, freue ich mich: Die Kunsthalle ist eines der schönsten Gebäude Düsseldorfs!“

Stephan Kaluza, 2017: „Heimat ist dort, wo man sich nicht erklären muss. Die Kunsthalle Düsseldorf stellt eine solche Heimat und einen zentralen Ort des Herzens und der Identität für die Künstler der Stadt dar.“

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