Düsseldorf Kunstausstellung: Traum aus Draht und Farbe im Benrather Schloss

Im barocken Schloss Benrath baut Aljoscha eine fantastische Kunst der Gegenwart aus bloßer Farbe auf.

Aljoscha bestückt das Benrather Schloss mit seinen luftigen Objekten aus purer Farbe bis unter die hohen Decken.

Aljoscha bestückt das Benrather Schloss mit seinen luftigen Objekten aus purer Farbe bis unter die hohen Decken.

Foto: Aljoscha

Düsseldorf. Aljoscha (Aleksey Alekseevich Potupin) ist ein Fantast und Visionär zugleich. Er besuchte ein Klavierkonzert im Corps de Logis von Schloss Benrath und schaute an die Decke. Die Kuppel, der Marmorboden, das Licht aus dem Außenraum und der Ausblick in die Landschaft faszinierten ihn spontan. Das war das Land seiner Träume.

Hier wollte er ausstellen. Das war jedoch leichter gedacht als getan. Denn der Denkmalschutz macht dort besonders strenge Auflagen. Nur zur Quadriennale war es gelungen, eine Ausstellung von James Lee Byars zu installieren. Doch Aljoscha schaffte es. Am 28. Mai ist Vernissage.

Der Künstler aus der Ukraine, der mit dem Zerfall der Sowjetunion ausreiste und seit 1996 seinen Wohnsitz in Düsseldorf hat, erzeugt neuartige Gebilde, die an noch nie gesehene Wesen erinnern, aber aus nichts als Farbe und Draht bestehen.

Hoch hinauf bis zu 14 Metern unter der Kuppel führt seine Installation. Die tänzelnden Grafismen aus violetten Farben, transparentem Plexiglas und dünnen Metallstäben wirken wie Erscheinungen aus einer fernen Welt.

Das Ganze hängt im Hauptsaal an transparenten Fäden, die von einer ersten Kuppel über die zweite, große, prächtige Kuppel führen, in die nicht das kleinste Loch gebohrt werden darf. Allein der Aufbau dieser Großskulptur dauerte einen Tag, die Herstellung mehr als vier Monate. Die Verbindung von barocker Pracht und Geschöpfen der Gegenwart ist beeindruckend.

Alles ist durchsichtig und durchlässig. Das Kunstwerk konzentriert die Blicke auf sich und gibt doch zugleich den Blick in die Landschaft mit dem Kanal frei. Aljoscha nennt seine Ausstellung, die auch in kleinere Kabinette führt, „Die Sonnentore und das Land der Träume“. Er zitiert damit eine Passage aus Homers Odyssee, wo Hermes die Verstorbenen durch das Sonnentor, vorbei am Land der Träume, in den Hades führt.

Aljoscha kennt diesen Wunsch nach Schönheit, Sorglosigkeit und Glückseligkeit. Dieser Gedanke trieb ihn aus seiner Heimat in den Westen, wo der voll ausgebildete Maler bei Konrad Klapheck von 2001 bis 2003 gastieren durfte. Er blieb. Er hatte das Glück, Assistent von Ursula Schulz-Dornberg zu werden, einer noch größeren Idealistin als er. So kann er sich seine Kunst „leisten“, denn vieles bleibt unverkäuflich. Nur kleinere Arbeiten, die er in Vitrinen wie in Schatztruhen aufbaut, werden in einer parallel laufenden Ausstellung bei Beck und Eggeling angeboten.

Normalerweise bleibt die Technik das Geheimnis eines Künstlers. Aljoscha aber plaudert seine handwerkliche Leistung bereitwillig aus, wohlwissend, dass kaum jemand seine Sisyphus-Arbeit nachmachen wird. Es war eher zufällig, dass er beim Malen die kleinen Hügel von Farbe auf seiner Misch-Palette beobachtete, die beim Abtropfen des Pinsels entstanden. Diese zähflüssigen Farbhügel fand er interessant und eigenartig. So ließ er sie nicht nur auf seiner Palette, sondern auch an Drähten und Gestellen wachsen. Sie haben sich längst selbstständig gemacht. Tropfen auf Tropfen addiert er die zähflüssige Acrylfarbe mit dem Pinsel. Auf dass sie wächst, gedeiht und ihr Eigenleben führt. Er spricht von „Wesen, unabhängig von der Natur“.

Sein Ziel sind „neuartige Lebensformen, die aber nicht durchs Klonen entstanden sind. Das wäre ein Missbrauch dessen, was schon da ist. Mir geht es um eine neue Ästhetik des zukünftigen, organischen Lebens.“

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