Kult-Rock: Begegnung mit den Libertines

Zehn Jahre nach der Auflösung ist die Band um Pete Doherty wieder auf Tour. 3000 Besucher wollten sie in Oberbilk sehen.

Kult-Rock: Begegnung mit den Libertines
Foto: David Young

Düsseldorf. Musical-Musik eröffnet die Show und macht den Kontrast perfekt: Die Libertines stürmen die Bühne der abgeteilten Mitsubishi-Electric-Halle und hauen ihren Fans den Brit-Rock nur so um die Ohren. Pete Doherty und Carl Barât treten ins Scheinwerferlicht. Die beiden starken Persönlichkeiten der vierköpfigen UK-Rockband, hinter denen jeder weitere Bandkollege zu verschwinden scheint: Doherty charakteristisch mit Trilby-Hut, Carl Barât in roter Uniformjacke.

„I no longer hear the music when the lights go out“ scheppert und dröhnt es kurz nach Beginn aus den Boxen — doch jetzt geht es erst richtig los: Becher voller Bier fliegen in die Menge. Die hartgesottenen Fans tummeln sich direkt an der Bühne, jubeln und genießen jede verrückte Idee der Frontmänner.

Vor rund 3000 Besuchern gibt die Band an diesem Sonntagabend ihr zweites Deutschlandkonzert in Düsseldorf. Am Samstagabend traten sie in der Arena Berlin auf.

Doherty und Barât stehen sich mit ihren Gitarren gegenüber, singen „You’re My Waterloo“ in ein einziges Mikrofon. Sie kleben fast daran. Dabei sind sich ihre Münder so nah, dass sie sich jeden Moment küssen könnten, wenn sie es wollten. Und genau so sieht es aus.

Im Publikum kommt an: Wir mögen uns wieder, wird tiefe Zuneigung und Verbundenheit der Freunde und Bandkollegen offenbar. Jedoch gab es andere Zeiten: Zerwürfnisse wegen Dohertys Drogen-Eskapaden, die schließlich das Aus der Band und vorübergehend ihrer Freundschaft bedeuteten. Zehn Jahre nach der inoffiziellen Auflösung der Band gab es im Sommer dieses Jahres den ersten gemeinsamen Auftritt in Originalbesetzung im Londoner Hyde Park vor 60 000 Leuten.

In Düsseldorf pfeift am Sonntagabend das Mikrofon, ein ohrenbetäubendes Geräusch. Barât und Doherty schrammeln Punkrock über die Saiten ihrer Gitarren, flankiert vom wummernden Beat des Drummers. Doherty taumelt. Er zeigt, dass er auch ein paar deutsche Wörter drauf hat und nuschelt „Ich liebe dich“ ins Mikrofon.

Immer wieder geht sein Blick ins Leere, und es ist unklar, ob er sich in seiner Musik verliert oder einfach nur ganz weit weg ist. Er zieht lässig an seiner Zigarette, während der Bass aus den Boxen wummert. Hinter ihm spult eine Leinwand Aufnahmen in Schwarz-Weiß ab, Bilder, die aus längst vergangenen Tagen stammen, aber doch aus der Gegenwart stammen und eine Botschaft parat halten: Die Libertines sind wieder vereint, und rumpeln ihre Musik und sich selbst gewohnt kultig durch das Hier und Jetzt.

Auf der Bühne fliegen Gitarren im hohen Bogen durch die Luft. Wo ihre Flugbahn endet, ist ihnen gleichgültig. Die Verantwortung haben sie an die Bühnentechniker und ihr Auffangvermögen abgegeben — die unbekümmerte Attitüde der Rockröhren.

Die Songs dieses Abends kommen von den beiden und bisher einzigen Studioalben der Band, „Up the Bracket“ und „The Libertines“. Ein weiteres Album soll in Hamburg, seit diesem Jahr Dohertys neuer Wohnort, aufgenommen werden und im kommenden Jahr erscheinen.

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