Künstler made by Fachhochschule

Tobias Daemgen und Moritz Ellerich sind die „Raumzeitpiraten“. Sie stehen für einen avantgardistischen Trend an der FH.

Düseldorf. Stefan Schwarz, künstlerischer Leiter am Tanzhaus NRW, entdeckte die Raumzeitpiraten bei seinen Vorbereitungen zum Festival „Temps d’ Images“. Die innovative Kraft der Arbeiten von Tobias Daemgen und Moritz Ellerich hat sich im kleinen Kreis künstlerisch Neugieriger bereits herumgesprochen und wird inzwischen häufiger mit einer zweiten Neuentdeckung in Zusammenhang bracht. Diese lautet in der Kurzversion: „Die Fachhochschule kann was“.

Im Salon des Amateurs, dem Kerngebiet elektronischer Musik und avantgardistischer Technikkünstler, beobachtet Detlef Weinrich, vom Leitungsteam und selbst Musiker, schon länger, dass sich unter den Gästen immer mehr medienkundige Studenten der Fachhochschule befinden. „Vor allem bei den Designern passiert zurzeit sehr viel“, hat Stefan Schwarz festgestellt.

Diesem vitalen Umfeld entstammen auch die Raumzeitpiraten Tobias Daemgen und Moritz Ellerich. Beide haben an der Fachhochschule Düsseldorf ihren Abschluss gemacht, Daemgen schloss noch ein Aufbaustudium an der Kunsthochschule für Medien in Köln an. „Die Düsseldorfer Kunstakademie war für mich und meine Bedürfnisse zu klassisch“, sagt der 30-Jährige.

Er und Moritz Ellerich arbeiten seit vier Jahren zusammen. Sie erschaffen Bilderwelten, indem sie Computer in alle Einzelteile zerlegen und sie anschließend wieder — ergänzt um Gebrauchsgegenstände — zu komplexen Objekten zusammenbauen. Scheinwerfer, Federbälle, Knöpfe, Staubsaugerduftperlen, Chemielaborzubehör. „Wir legen die Technik offen und bringen die Elemente in neue Kontexte“, sagt Daemgen. Die Botschaft lautet: Keine Furcht vor neuen Medien! Der Mensch kann an jeder Stelle in die Technik eingreifen.

Die einzelne Bilderwelt verändert sich ständig, ist Improvisation im Schwebezustand und Lichtklang-Experiment.

Für den Auf- und Abbau ihrer Werke, die sie mit dem 20 Jahre alten Bulli von Moritz Ellerich transportieren, brauchen sie Tage. Sämtliches Material lagert in den Privatwohnungen, da das Geld für ein Atelier fehlt. Daemgen: „Düsseldorf braucht eine Industriehalle, die Künstler als Werkstatt benutzen können.“ Für den Austausch, fürs Netzwerken sei das ungemein wichtig.

Jedoch hat sich auch ohne eine solche Börse inzwischen herumgesprochen, dass es sich lohnt, einen genaueren Blick auf die Raumzeitpiraten und ihren Ursprung zu werfen. „Unter den Bewerbern für unsere Werkstatt für experimentelle Sound-Art waren zwei, die angaben, sie arbeiteten ,in der Tradition’ der Raumzeitpiraten“, sagt Janine Hüsch, Mitarbeiterin im FFT.

Reiner Nachtwey, Professor für Design an der Fachhochschule Düsseldorf, hat Tobias Daemgen und Moritz Ellerich unterrichtet. Ihn freut der Erfolg seiner Studenten. „Sie gehören zu einer Generation, die mit Rechnern großgeworden ist und eine neue Sicht auf diese entwickelt haben.“ Sie erstarrten nicht vor einer hochspezialisierten Software, sondern nutzten diese erfindungsreich.

„Es gibt heute mehr Möglichkeit, sich künstlerisch auszudrücken“, sagt Nachtwey. Darauf habe sich die Fachhochschule bereits vor sechs Jahren einstellen müssen, als die Umstellung auf die Bachelor-Studiengänge startete. „Im Fachbereich Design haben wir doppelt so viele Lehrveranstaltungen wie vorher und sind technisch gut ausgerüstet.“

Es existiere eine enge Kooperation mit der Robert-Schumann-Hochschule, zudem werde gerade ein neues Institut für Bilder und Medien eingerichtet. „Im Umgang mit den neuen Medien sind Grenzüberschreitungen an der Tagesordnung“, sagt Nachtwey. „Vielleicht sind die Akademien mit ihrem Klassenprinzip nicht mehr ganz so aktuell.“

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