Konzert im Zakk: Musik aus Bayern klingt nicht so

The Notwist sind wundersam und machen glücklich, zum Beispiel jetzt im Zakk.

Düsseldorf. Ein angemessenes Ambiente für die Musik von The Notwist wäre ein schummriger, spärlich eingerichteter Raum, in dessen Mitte ein Tisch steht, und darauf ein Goldfisch in seinem Glas. The Notwist machen Musik für diesen Goldfisch.

Dessen Welt ist klein und der Blick nach draußen verschwommen, aber er weiß, was er hat. Und die Welt da draußen ist ohnehin kalt und nicht zu begreifen. Kategorisiert heißt die Musik der Band "Independent".

Die Brüder Markus (Gitarre, Gesang) und Micha Acher (Bass) begannen vor 20 Jahren in Weilheim, Oberbayern, mit ziemlich dreckiger Musik irgendwo zwischen Punk und hartem Rock, bis Martin Gretschmann alias Console zur Band kam und ihr mit seinen elektronischen Spielereien eine sehr andere Richtung gab.

2002 gelang der Durchbruch mit "Neon Golden", das zusammen mit dem Nachfolger "The Devil, You + Me" (2008) mittlerweile den Charakter der Band ausmacht: Unaufgeregte, fast lethargische Gitarren- und Bassläufe und melancholische Texte, kombiniert mit schönen bis ausgeflippten Elektro-Spielereien.

Das gut besuchte Konzert im Zakk am Samstagabend besteht fast ausschließlich aus Songs dieser beiden Alben, die Münchner Band Portmanteau mit einem noch entwicklungsfähigen Mix aus Schlagzeug und Computer-Klängen hatte zuvor den Abend eröffnet.

Micha Acher steht meist im Halbschatten hinten auf der Bühne, während sein Bruder Markus die englischen Wortfetzen aus sich herausnuschelt und Gretschmann seine Elektro-Einfälle dazumischt - unterstützt von einem Schlagzeuger und einem weiteren Gitarristen.

Besonders spannend ist es, Gretschmann zu beobachten, der wohl schon länger nicht mehr aus seinem Keller herausgekommen ist, weil er sich dort neue Spielzeuge gebastelt hat. In der Hand hat er zwei Bedien-Elemente der Spiel-Konsole "Wii", mit einem leichten Wischen oder einem Luftschlag löst er so seine Sound-Schnipsel aus.

Dazu kommen allerlei Geräte und ein Tisch mit vielen Knöpfen.Bei den Gebrüdern Acher stellt sich schnell das Gefühl ein, dass sie sich in ihre Punk-Zeiten zurücksehnen: "Pick up the phone" wird in einem lustvollen Krach-Exzess dekonstruiert, das "Gloomy Planets" endet in Gewaber. Bei allem sind die etwas verschrobenen Musiker der Ruhepol.

"Ein Schritt hinein bedeutet nicht, dass du es auch verstehst", heißt einer ihrer Titel übersetzt. Ein gutes Motto für den Umgang mit diesen Männern. Dass The Notwist anders sind als sich Bands gemeinhin geben, belegt ihr Umgang mit Geld und Ruhm:

Eines regnerischen Tages war Bassist Micha Acher in München unterwegs, zu einem Auftritt mit der Band seines Vater. Sie spielten in der Fußgängerzone, angeblich auch, weil Acher dringend Geld brauchte, um seiner Tochter Schuhe zu kaufen. Mitten in dieser Tristesse rief Vodafone an.

Sie wollten die Rechte an "One with the freaks", sie wollten den Song für einen Werbespot verwenden, der sei schon fertig, und sie wollten wissen, wem sie denn die 750000 Euro überweisen sollen.

Micha Acher wollte nicht. Der Song sei nicht für Werbung gemacht worden. Wunderbarerweise lautet eine übersetzte Zeile des Songs: "Warst du schon einmal total fertig?". Mit eben diesem "One with the freaks" beenden

The Notwist nach eineinhalb Stunden ihr Konzert nicht. Sie spielen noch die bezaubernden und sehr abschiedstauglichen Stücke "Consequence" und "Gone gone gone". Bis kurz vor Mitternacht war das Zakk voller glücklicher Goldfische.

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